Donnerstag, 15. Juli 2021

Kloster und Schloss Bebenhausen | Allgemeines „Internationaler Tag des Schachs“ am 20. Juli: ein königliches Spiel für Wilhelm I.

Ein ganz außergewöhnliches Schachspiel befindet sich in Schloss Bebenhausen: König Wilhelm I. von Württemberg erhielt es 1816 als Geschenk zur Thronbesteigung. Zum „Internationalen Tag des Schachs“ am 20. Juli erinnern die Staatlichen Schlösser und Gärten Baden-Württemberg an das fein gearbeitete Brettspiel aus Ebenholz und Walross-Elfenbein.

INTERNATIONALER TAG DES SCHACHS

Schach zählt zu den traditionsreichsten und beliebtesten Spielen der Welt – und man nennt es auch das „Spiel der Könige“. In Schloss Bebenhausen hat sich eine besonders königliche Ausführung des Brettspiels erhalten. Das kostbare Schachspiel war ein Geschenk an König Wilhelm I. von Württemberg (1781-1864) zu seiner Thronbesteigung. Das Meisterstück verkörpert die Schwelle zwischen Tradition und Moderne, zwischen dem alten und dem neuen Württemberg.

 

HULDIGUNG DES NEUEN KÖNIGS

Ob König Wilhelm I. von Württemberg das Schachbrett mit seinen Spielfiguren jemals benutzt hat? Das Oberamt Geislingen schenkte dem Monarchen das exquisite Brettspiel zum Regierungsbeginn im Jahr 1816. Erst kurz davor war die Stadt an der Steige württembergisch geworden. Das Schachspiel war ein Huldigungsgeschenk – ein alter Brauch, der seinen Ursprung im Mittelalter hatte. Mit einem solchen Geschenk bekräftigten Untertanen ihre Treue gegenüber einem neuen Herrn. Seit seinem Amtsantritt 1816 reformierte der junge Landesherr sein Königreich tatkräftig. König Wilhelm I. gilt als der Reformer auf dem Königsthron. Bis zu seinem Tod wurde aus einem traditionellen, landwirtschaftlich geprägten Staat ein modernes Industrieland mit Eisenbahnen und Fabriken. An die Stelle von Handwerkern und Zunftmeistern traten Industriearbeiter.

 

EIN MEISTERSTÜCK AUS GEISLINGEN

Geislingen war seit dem Mittelalter ein Zentrum der Verarbeitung von Knochen und Elfenbein. Dieses spezialisierte Handwerk der Schnitzer und Drechsler wird bereits in einem Zunftbuch um 1450 genannt. Europaweit bekannt waren die Schachspiele aus den Werkstätten der Geislinger Beinschnitzer. Eine Spezialität waren Miniaturspiele, die in eine Nussschale passten. Die Drechslermeister produzierten aber auch luxuriöse Kästchen aller Art, Knöpfe, Haarnadeln, Pfeifen, Flöten, Möbel und Ausstattung für Puppenhäuser, außerdem Kruzifixe und Rosenkränze. Dass dieses spezialisierte Zunfthandwerk aus dem Mittelalter in der Moderne dem Untergang geweiht war – das muss man nicht weiter erklären.

 

GEISLINGER BEINSCHNITZER ÜBER GENERATIONEN

Der Beinschnitzer Johann Friedrich Knoll (1780-1844) hat das Schachspiel 1813 als sein Meisterstück angefertigt. Unter der Spielfigur des weißen Königs ist die Inschrift „KNOLL von GEISLINGEN BEI ULM FEC: 1813“ zu lesen. Knoll entstammte in vierter Generation einer berühmten Schnitzerfamilie. Für das kostbare Schachspiel, das heute in Schloss Bebenhausen steht, suchte Meister Knoll zahlungsfähige Käufer – unter anderem beim Wiener Kongress 1815. Aber selbst unter den Mächtigen Europas in der Kaiserstadt gab es keinen Kunden, der bereit war, die geforderten 1400 Gulden zu zahlen. Als das Oberamt Geislingen 1816 auf der Suche nach einem Geschenk für den neuen König von Württemberg war, kam das Knoll‘sche Meisterstück genau passend.

 

AUS EBENHOLZ UND WALROSSZAHN
Das Schachspiel besteht aus 33 Figuren – eine ungewöhnliche Zahl, normalerweise sind es 32. Sie messen etwa 9 bis 12 Zentimeter und sind als Ganz- oder Halbfiguren gestaltet. Außerdem gibt es Büsten auf gedrechselten Bein- bzw. schwarz lackierten Holzsockeln. Alle Spielfiguren tragen zeitgenössische Uniformen oder Kleidungsstücke. Der abnehmbare Deckel des zu den Figuren gehörenden Kastens dient als Spielfläche, passend zu den Figuren ist er als Einlegearbeit aus Ebenholz und Walrossbein gefertigt. Im Inneren ist der Kasten verspiegelt. Wenn man ihn aufstellt, können alle Spielfiguren auf drei Einschubleisten wie in einer kleinen Vitrine zur Schau gestellt werden.

 

WEISHEIT UND STRATEGIE

Neben den je 16 weißen und schwarzen Figuren findet sich eine besonders außergewöhnliche Spielfigur: die Göttin Athene. Sie gehört nicht zum üblichen Repertoire eines Schachspiels. Athena ist die antike Göttin der Weisheit, der Strategie und des Kampfes. Ihre Anwesenheit rückt den symbolischen Sinn des Schachspiels in den Vordergrund. Sie macht es über den hohen materiellen und künstlerischen Wert hinaus zu einem repräsentativen Geschenk für den König. Außerdem wacht die Göttin über Kunst und Handwerk – eine symbolische Schutzpatronin für Meister Knoll aus Geislingen.

 

DAS JAGDSCHLOSS BEBENHAUSEN

Das Geschenk des Oberamtes Geislingen an König Wilhelm I. gelangte aus seinem Besitz ins Schloss von Bebenhausen. Ab dem späten 18. Jahrhundert hatten die württembergischen Herzöge und Könige Teile der Klosteranlage Bebenhausen zum Jagdschloss umbauen lassen. Seit dem zweiten Drittel des 19. Jahrhunderts wird das Schachspiel aus Ebenholz und Walrosselfenbein in den Inventaren als Bestandteil des Bibliothekszimmers aufgeführt. Heute steht das kostbare Stück sicher in einer Vitrine.

 

DER INTERNATIONALE TAG DES SCHACHS
Der 20. Juli ist der Internationale Tag des Schachs. Das Datum erinnert an den Gründungstag des Weltschachbundes FIDE, der sich 1924 formierte. Auf Initiative der UNESCO wird dieser Tag seit 1966 gefeiert.

 

SERVICE

ÖFFNUNGSZEITEN

Kloster Bebenhausen

Mo‒Fr 10:00‒12:00 und 13:00‒17:00 Uhr

Sa, So, Feiertage 10:00‒17:00 Uhr

 

Schloss

Die Innenräume von Schloss Bebenhausen sind nur im Rahmen einer Führung zu besichtigen.

 

TERMINE

Di‒Fr 14:00–17:00 Uhr stündlich, letzte Führung 16 Uhr

Sa, So, Feiertage 11:00–17:00 stündlich, letzte Führung 16 Uhr

 

PREIS
Schlossführung

Erwachsene 8,00 €, ermäßigt 4,00 €, Familien 20,00 €

 

TEILNEHMERZAHL

maximal 10 Personen

 

Der Besuch der Führung ist nur nach einer verpflichtenden Voranmeldung unter Telefon +49(0)70 71.60 28 02 möglich.

 

Besuch und Führungsteilnahme sind nur mit Mund-und-Nasenschutz möglich (sowohl Gäste als auch Führungspersonal). Der Mindestabstand zwischen allen von 1,5 Metern, wenn möglich sogar 2 Metern sollte während der ganzen Führung eingehalten werden.

Es besteht eine Pflicht zur Erhebung und Datenverarbeitung der Kontaktdaten der Gäste zur eventuellen Infektionskettennachverfolgung gemäß § 6 Corona-Verordnung. Das Kontaktformular kann vor dem Besuch auf dem Internetportal der Staatlichen Schlösser und Gärten Baden-Württemberg als PDF heruntergeladen, ausgedruckt und vor Ort ausgefüllt abgegeben werden.

 

KONTAKT

Kloster und Schloss Bebenhausen

Im Schloss

72074 Tübingen-Bebenhausen

Telefon +49(0)70 71.60 28 02

info@kloster-bebenhausen.de

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