MARKGRAF BERNHARD ALS INTEGRATIONSFIGUR INSZENIERT
Aus Anlass des 250. Jahrestages der Seligsprechung befasste sich das Generallandesarchiv Karlsruhe im Jahr 2019 mit dieser wichtigen Person der badischen Landesgeschichte: In der vor zwei Jahren bereits dort gezeigten Ausstellung „Ritter — Landespatron — Jugendidol. Markgraf Bernhard II. von Baden“ tritt der Selige den Besuchern als Projektionsfläche für politische Ziele der damaligen Zeit, als Integrationsfigur für den katholischen Bevölkerungsteil Badens und als Schutzpatron des „christlichen Abendlandes" in der Zeit des Kalten Krieges entgegen.
SONDERAUSSTELLUNG IN KLOSTER UND SCHLOSS SALEM
Bereits 2020 sollte diese Ausstellung im Kloster Salem gezeigt werden – die coronabedingten Schließungen verzögerten jedoch den Aufbau. Heute konnte nun die am 22. Mai eröffnete Ausstellung des Generallandesarchivs von dessen Leiter, Prof. Dr. Wolfgang Zimmermann, zusammen mit Michael Hörrmann, Geschäftsführer der Staatlichen Schlösser und Gärten, als diesjährige Sonderausstellung im Kloster und Schloss Salem vorgestellt werden. „Wieder einmal zeigt sich, wie gut unsere Monumente für die Präsentation von historischen Themen geeignet sind, mit denen wir für die Gäste einen weiteren attraktiven Besuchsanlass schaffen können“, freut sich Michael Hörrmann über die Ausstellung in Salem.
WERTVOLLE EXPONATE
Anhand wertvoller Exponate zeichnet die Ausstellung den Wandel des Bildes eines Seliggesprochenen zwischen Mittelalter und Neuzeit nach. Zu sehen sind etwa der Klappaltar aus Kloster Lichtenthal (1735), eine Wetterfahne mit der Darstellung des Seligen, das Seligsprechungsdokument, eine barocke Statue des Seligen mit Reliquie (1777), das Stundenbuch von Markgraf Christoph I. von Baden (1488), ein Gemälde des seligen Bernhard (um 1735), eine Goldmedaille zur Erhebung des seligen Bernhard zum Landespatron von Baden (1770) sowie eine Fahne des Katholischen Männervereins Rastatt (1899). „Wir freuen uns sehr, unsere Exponate jetzt an diesem für die badische Geschichte so bedeutenden Ort zeigen zu können“, sagt Prof. Dr. Wolfgang Zimmermann. Die Ausstellung ist bis zum 3. Oktober täglich von 10.30 bis 17 Uhr in der Prälatur, Prinz-Ludwig-Quartier, zu sehen. Der Eintritt ist im Klostereintritt inbegriffen.
ENGE BEZIEHUNG ZU SALEM
Was passt besser zu Salem – seit der Säkularisation im Jahr 1802 ein Schloss der Markgrafen von Baden – als die Ausstellung des Generallandesarchivs Karlsruhe über den Seligen Bernhard II. von Baden? Denn zum einem ist er Vorfahre des heutigen noch in Salem lebenden Hauses Baden, zum anderen steht in der weitläufigen Anlage von Kloster und Schloss Salem ein Pfarrhaus, das nach dem Seligen benannt ist.
Bernhard II., 1428 oder 1429 auf dem Alten Schloss Hohenbaden geboren, war der zweite Sohn des Markgrafen Jakob I. von Baden und der Katharina von Lothringen. Er erhielt eine sorgfältige Erziehung, die ihn auf seine spätere Aufgabe als Landesherr vorbereiten sollte. Bernhard von Baden stand in diplomatischen Diensten Kaiser Friedrichs III., dessen Schwester Katharina von Österreich die Frau seines Bruders Karl war. 1453 starb sein Vater und vererbte sein Land an Bernhard und zwei seiner Brüder. Er verzichtete jedoch für zehn Jahre zugunsten seines Bruders Karl auf sein Erbteil an der Markgrafschaft Baden. Bernhard reiste im Auftrag des Kaisers umher und warb an den Fürstenhöfen für den Krieg gegen die Osmanen – eine Art letzter Kreuzzug war geplant. Seine Mission konnte er allerdings nicht beenden: Auf seiner Reise infizierte er sich mit der Pest und starb am 15. Juli 1458 im oberitalienischen Moncalieri nahe Turin.
CHRISTLICHER RITTER
Die zeitgenössischen Quellen zur Seligsprechung sind spärlich und lassen gerade deswegen viel Raum für Deutungen. In Moncalieri wurde schon bald von Wundern berichtet, die man der Fürsprache des seligen Markgrafen zuschrieb. In seiner Heimat am Oberrhein blieb die Verehrung auf das Haus Baden beschränkt. Erst im frühen 18. Jahrhundert – also zu einer Zeit, als Markgraf Ludwig Wilhelm von Baden als „Türkenlouis" glänzende militärische Siege gegen die Osmanen auf dem Balkan errang – wurde Bernhard als christlicher Ritter, der für einen Kreuzzug zur Befreiung der heiligen Stätten im Orient geworben hat, verehrt.
LANDESPATRON BADENS
Das drohende Erlöschen der katholischen Linie der badischen Markgrafen 1771 vor Augen, wurde Bernhard zum Schutzpatron der katholischen Bevölkerung in den vereinigten badischen Markgrafschaften. Der Bernhardusbrunnen in Rastatt wurde errichtet und zahlreiche Gemälde in den katholischen Pfarrkirchen des Landes machten den seligen Markgrafen Bernhard in der breiten Bevölkerung präsent.
EIN POLITISCHER HEILIGER
Bernhard war ein „politischer Heiliger", der als Landespatron des Großherzogtums Baden und Mitpatron der neu errichteten Erzdiözese Freiburg für die Belange der katholischen Bevölkerung instrumentalisiert wurde – sei es etwa im badischen Kulturkampf oder in anderen politischen Konflikten. Als nach dem Zusammenbruch des Nationalsozialismus die Bevölkerung neue Vorbilder suchte, wurde Bernhard von Baden plötzlich zum „Jugendstar", zu einem Idol im Kampf gegen die Versuchungen der Moderne stilisiert, zu denen die Konsumfreude der Wirtschaftswunderzeit ebenso zählte wie eine um sich greifende vermeintliche Sittenlosigkeit. Die Bedrohung des „Abendlandes" durch die „Gefahr aus dem Osten" im Kalten Krieg konnte mühelos an das Bild des tapferen Kreuzzugsritters anknüpfen.
PUBLIKATION ZUR AUSSTELLUNG
In der Reihe ‚Sonderveröffentlichungen des Landesarchivs Baden-Württemberg‘ ist die Begleitpublikation „Ritter – Landespatron – Jugendidol. Markgraf Bernhard II. von Baden“ erschienen. Das Buch umfasst 203 Seiten und ist im Shop im Eingangspavillon zum Preis von 20 Euro erhältlich. Die Herausgeber Dr. Martin Stingl und Prof. Dr. Wolfgang Zimmermann sind für das Generallandesarchiv Karlsruhe tätig: Dr. Stingl ist Referatsleiter im Generallandesarchiv; Prof. Zimmermann ist Leiter des Generallandesarchives / Landesarchiv Baden-Württemberg. Er ist Stellvertretender Vorsitzender der Kommission für geschichtliche Landeskunde in Baden-Württemberg und Honorarprofessor an der Universität Heidelberg.
SERVICE UND INFORMATION
Kloster und Schloss Salem
„Ritter – Landespatron – Jugendidol: Markgraf Bernhard II. von Baden“
Eine Ausstellung des Generallandesarchivs Karlsruhe
TERMIN
22. Mai bis 3. Oktober 2021
ORT
Kloster und Schloss Salem, Prälatur, Prinz-Ludwig-Quartier
ÖFFNUNGSZEITEN
täglich von 10.30 bis 17.00 Uhr
PREIS
Der Eintritt ist im Klostereintritt inbegriffen.
ÖFFNUNGSZEITEN KLOSTER UND SCHLOSS SALEM
bis 1. November: Mo - Fr, Sa 09:30 - 18:00 Uhr (letzter Einlass 17:30 Uhr)
So, Feiertag 10:30 - 18:00 Uhr (letzter Einlass 17:30 Uhr)
Innenräume zum individuellen Rundgang geöffnet:
täglich von 10:30 – 17:00 Uhr
Münster geöffnet täglich von 11:00 – 17:00 Uhr
PREIS
Kloster und Schloss inkl. Klostermuseum
Erwachsene 9,00 €
Ermäßigte 4,50 €
Familien 22,50 €
Saison-Karte 35,00 €
HINWEISE
Erhebung Kontaktdaten: Es besteht eine Pflicht zur Erhebung und Datenverarbeitung der Kontaktdaten der Gäste zur eventuellen Infektionskettennachverfolgung gemäß § 6 Corona-Verordnung.
Beim Besuch der Monumente gelten die üblichen Auflagen der gültigen Corona-Verordnungen des Landes. Es gilt in den Innenräumen eine Pflicht zum Tragen von Mund-Nasen-Bedeckungen für Gäste ab 6 Jahre. Bitte eine passende Maske (medizinische Masken oder FFP2-Masken) mitbringen. Außerdem muss der Abstand von 1,5 Metern zu Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und anderen Gästen eingehalten werden.
KONTAKT
Kloster und Schloss Salem
88682 Salem
Telefon +49(0)75 53.9 16 53 - 36
schloss@salem.de