Dienstag, 4. Mai 2021

Schloss und Schlossgarten Weikersheim | Allgemeines Rabatten voller kostbarer Blumen aus Asien – die Tulpe und die Tulpenmanie

Im 17. Jahrhundert wog man Tulpenzwiebeln mit Gold auf. Heute wachsen die kostbaren und einst exotischen Frühjahrsblüher in allen Gärten. Im Schlossgarten Weikersheim sind ab April die Rabatten bestimmt von den Tulpenblüten – und das Team des Schlossgartens stützt sich bei seinen Pflanzplänen auf Vorbilder aus der Entstehungszeit des Gartens. Wie wertvoll die Tulpen einst waren, zeigen auch die barocken Tulpenvasen im Schloss. Sie wurden vor über 300 Jahren erfunden, um damit die Schönheit jeder einzelnen Blüte zu präsentieren.

EXOTISCHE MODEPFLANZE

Tulpen stammen aus dem Orient: Im 9. Jahrhundert sind sie im alten Persien schriftlich nachgewiesen. Die Gartentulpe entstand aus Kreuzungen dort wildblühender Arten. Über das Osmanische Reich wanderte die Pflanze in Richtung Westen: Am Hof in Istanbul liebte man die farbenfrohe, edle Blume; Sultane ließen ihre Gärten mit ihr bepflanzen. Aus der Türkei kamen die unbekannten Zwiebeln im 16. Jahrhundert zunächst nach Wien, nach Belgien und in die Niederlande. Neu, prachtvoll bunt und selten: Schnell wurde die Kostbarkeit bei allen, die Geld hatten, zu einer begehrten Modeblume.

 

TULPENMANIE – DIE ERSTE BÖRSENBLASE

Besonders in den Niederlanden war man den Tulpen verfallen: Hier brach im Jahr 1634 die sogenannte „Tulpomanie“ aus: Man spekulierte mit Tulpenzwiebeln. Ihr Wert stieg teilweise ins Unermessliche. Mal wurde das Gewicht einer Zwiebel um ein Vielfaches in Gold aufgewogen, mal entsprach ihr Wert dem eines Grachtenhauses in Amsterdam. Es wurde wild spekuliert, viele Menschen verloren ihr Hab und Gut, andere wurden sehr reich. 1637 platzte diese erste Börsenblase. Die Folge: Die Regierung verbot den ruinösen Tulpenzwiebel-Handel.

 

TULPENVASEN IN SCHLOSS WEIKERSHEIM

Für die seltenen und teuren Tulpenblüten entwickelte man im Barock eine ganz eigene Vasenform. Die Tulpenvasen hatten mehrere Öffnungen, eigene Tüllen für jeweils eine Tulpe – ganz anders als heute, wo Tulpen einfach im dicken Bund in die Vase gestellt werden. Gefertigt wurden sie zum Teil in Delft, wo man chinesisches Porzellan nachahmte, aber auch in China, der Heimat des Porzellans. Die Tulpenvasen waren dekorativ und repräsentativ, ein Symbol für Reichtum und Macht. In Schloss Weikersheim mit seinen reichen Sammlungen sind mehrere Tulpenvasen erhalten. Die keramischen Kunstwerke stammen hier auch aus der nahegelegenen Manufaktur Ansbach.

 

BUNTE BLUMENPRACHT – EINST UNBEZAHLBAR

Tulpen aller Art gehörten zum Pflanzenbestand des Schlossgartens Weikersheim. Sie sind in den Inventarlisten des Gartens von 1745 gelistet. Bis heute gehört die Tulpenblüte zu den Höhepunkten des Gartenjahres: Ab April erfreut eine bunte Tulpenvielfalt die Gäste im Garten der Grafen von Hohenlohe. Besonders gut hält sich die Blüte bei kühler Witterung wie in diesem Jahr. Mitte Mai werden die prachtvollen Rabatten leergeräumt für die Sommerbepflanzung – bis im Oktober wieder neue Zwiebeln gesteckt werden. Viele tausend Zwiebeln kommen in die Erde – unvorstellbar im 17. Jahrhundert, als jede Zwiebel ihr Gewicht in Gold wert war.

 

RARITÄT WILDTULPE

Am Rande des Schlossgartens wächst eine botanische Rarität: Die Wilde Tulpe mit ihren gelb leuchtenden Blüten blüht hier bis in den Sommer hinein. Auf den bis zu 45 cm hohen Stengeln sind sie von Weitem sichtbar. Es ist die einzige wild vorkommende Tulpe in Deutschland; man findet sie etwa in manchen Gegenden in Weinbergen. Die seltene Pflanze steht unter strengem Artenschutz.

 

THEMENJAHR EXOTIK
Die Staatlichen Schlösser und Gärten Baden-Württemberg rufen für 2021 das Themenjahr „Exotik“ aus. Dabei geht es um „Fantasie und Faszination“ des Fremden für die Europäer, angefangen von den kostbaren exotischen Importen wie Porzellan und Seide, Kaffee, Tee und Schokolade. Aber auch die dunklen Seiten dieser Begeisterung werden gezeigt: Die Menschen auf den fernen Kontinenten zahlten den Preis für die europäische Begeisterung, als Sklaven auf Plantagen oder einfach, weil sie im Blick der weißen Eroberer „Wilde“ waren. Die Lust auf Fremdes und die Neugier waren es auch, die in den Gärten exotische Pflanzen aus allen Ländern der Welt heimisch werden ließen – vom Rhabarber aus Asien, der Dahlie und der Tomate aus Mittelamerika bis zur Tulpe. Sie alle waren zu Beginn exotische Kostbarkeiten für die Schlossgärten.

 

INFORMATION

Aktuell ist Schloss Weikersheim wie alle Monumente der Staatlichen Schlösser und Gärten Baden-Württemberg sowie Kultur- und Freizeiteinrichtungen des Landes geschlossen. Der Schlossgarten ist geöffnet; für den Besuch ist nach den Regelungen der „Corona-Notbremse“ ein aktueller Corona-Test mit negativem Ergebnis nötig.

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