VOM BISONJÄGER ZUM ENTERTAINER
Vom 27. bis zum 30. April 1891, vor 130 Jahren, machte der Amerikaner William Frederick Cody (1846‒1917) Station in Mannheim. Cody war besser bekannt als Buffalo Bill – eine der bekanntesten Figuren seiner Zeit. Aus dem einstigen Expressreiter, Kundschafter und Bisonjäger war 1883 ein – nach heutigen Begriffen - „Eventmanager“ geworden. 30 Jahre lang tourte Cody mit seiner „Buffalo Bill’s Wild West Show“ durch Amerika und Europa. Mit seinen Shows zog er ein Millionenpublikum in seinen Bann. 1890 und 1891 befand er sich auf einer ausgedehnten Tour durch Deutschland. Den Aufenthalt in Mannheim nahm das Ensemble zum Anlass, die weltberühmte Sehenswürdigkeit, das Schloss in Heidelberg, zu besuchen.
ANKUNFT IN MANNHEIM
Schon die Anreise des Westernhelden und seiner Truppe war ein Spektakel. Mit rund 30 Eisenbahnwaggons wurden das Equipment, die Tiere und hunderte Mitarbeiter quer durch Deutschland transportiert. Eine mehrseitige Zeitungsbeilage, „Buffalo Bill’s Wild West Journal“, kündigte die Ankunft Tage zuvor an. So berichtete die Badische Landes-Zeitung am 28. April 1891 vom vorherigen Tag: „Heute früh gegen 2 Uhr ist die Indianertruppe Buffalo Bill’s mittelst Sonderzugs von Karlsruhe kommend hier eingetroffen. Der Aufenthalt in unserer Stadt dauert 4 Tage. Die erste Vorstellung findet bereits heute Nachmittag statt. Schon in den heutigen Morgenstunden begaben sich viele Hundert Neugierige nach der am Schießhause gelegenen Arena.“ Innerhalb weniger Stunden entstand dort eine kleine Stadt mit einer Arena, die rund 8.000 Sitzplätze bot.
SPEKTAKULÄRE SHOW
Buffalo Bill, der legendäre Westernheld, war bereits zu Lebzeiten ein Medienstar. 1883 gründete er seine eigene Westernshow, mit der er 30 Jahre lang erfolgreich durch die Welt tourte. Er stand im Zentrum der Darbietungen, in denen auch vermeintlich authentische Szenen aus seinem Leben nachgespielt wurden. Rund 200 Mitwirkende, Cowboys und „Indianer“, Pfadfinder, Scharfschützen und Reiter, inszenierten mit circa 175 Ponys, Maultieren, Pferden und Büffeln während der etwa zweistündigen Vorführungen Szenen aus dem „Wilden Westen“. Gezeigt wurden Pferderennen und Reiterkunststücke, Schützen und „Flintenweiber“ sowie Kämpfe zwischen Cowboys und „Indianern“. Das klischeehafte und stereotype Bild seiner Shows prägte die Vorstellung von den „bösen Indianern“ und vom „Wilden Westen“ dauerhaft.
AUSFLUG ZUM HEIDELBERGER SCHLOSS
Die Zeitpläne der Show waren eng getaktet. Im Schnitt blieb das Ensemble um Buffalo Bill nur rund vier Tage an einem Ort. Täglich wurden meist zwei Vorstellungen gegeben, dazwischen fanden Pressetermine und Treffen mit berühmten Persönlichkeiten statt. In Rom wurde Buffalo Bill beispielsweise von Papst Leo XIII. empfangen. Ausflüge der Darstellerinnen und Darsteller in ihren Kostümen waren weitere werbewirksame Maßnahmen. Die weltberühmte Sehenswürdigkeit in der Nachbarstadt ihres Auftrittsortes wollten sich die Darsteller nicht entgehen lassen. Buffalo Bill und ein Teil seiner Truppe besuchten Schloss Heidelberg am 27. April 1891 – vor genau 130 Jahren. Dass Schloss Heidelberg ein „Must“ war, hatte mit einem anderen US-Amerikaner zu tun: Ein paar Jahre vorher hatte Mark Twain die faszinierende Schlossruine in seiner Heimat berühmt gemacht. In seinem „Bummel durch Europa“ (1880) hatte der „Vater der amerikanischen Literatur“ Schloss Heidelberg und der Stadt am Neckar ein literarisches Denkmal gesetzt – und viel dazu beigetragen, das Schloss am Neckar zum Top-Ziel amerikanischer Touristen zu machen.
THEMENJAHR EXOTIK ZEIGT AUCH DUNKLE SEITEN
Die Staatlichen Schlösser und Gärten Baden-Württemberg rufen für 2021 das Themenjahr Exotik aus. Dabei geht es um „Fantasie und Faszination“ des Fremden für die Europäer, angefangen von den kostbaren exotischen Importen wie Porzellan und Seide bis hin zu Kaffee, Tee und Schokolade. Aber auch die dunklen Seiten dieser Begeisterung werden gezeigt: Die Menschen in den fernen Kontinenten zahlten den Preis für die europäische Begeisterung, als Sklaven auf Plantagen oder einfach, weil sie im Blick der weißen Eroberer „Wilde“ waren. Buffalo Bill mit seiner Wildwest-Show präsentierte denn auch die indigenen Einwohner der Neuen Welt ganz und gar dieser Erwartung entsprechend, grausam und wild – und dieses Bild sollte sich bis weit ins späte 20. Jahrhundert fortsetzen.
SERVICE
Die ÖFFNUNG oder SCHLIESSUNG von Schloss Heidelberg richtet sich nach den aktuellen Inzidenzwerten der Stadt Heidelberg.
Informationen zur Öffnung oder Schließung sind auf der Website
www.schloss-heidelberg.de erhältlich.
KONTAKT
Schlossverwaltung Heidelberg
Schlosshof 1
69117 Heidelberg
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