Donnerstag, 19. November 2020

Grabkapelle auf dem Württemberg | Allgemeines 19. November 1770: Der Bildhauer Bertel Thorvaldsen wird geboren

Am 19. November 1770, vor 250 Jahren, wurde Bertel Thorvaldsen, einer der berühmtesten Bildhauer des frühen 19. Jahrhunderts, in Kopenhagen geboren. Von Thorvaldsen stammen zwei große Evangelistenfiguren in der Grabkapelle auf dem Württemberg: König Wilhelm I. erteilte dem Bildhauer den Auftrag im Jahr 1822.

 

KÜNSTLERLEBEN ZWISCHEN ROM UND NORDEUROPA

Wer war Bertel Thorvaldsen? Der Däne war einer der herausragenden Bildhauer des Klassizismus, der in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts viele monumentale Bildwerke schuf. Früh schon wurde seine Begabung erkannt: Bereits mit elf Jahren studierte Thorvaldsen an der Königlich Dänischen Kunstakademie. Wegen seiner herausragenden Leistung erhielt er ein Reisestipendium nach Rom, das er allerdings erst verspätet antreten konnte: Er hatte bereits zu viele Aufträge. Ab 1797 lebte er abwechselnd in Italien und in Nordeuropa. Nach der Jahrhundertwende bekam Thorvaldsen größere und prestigeträchtigere Aufträge und im Jahr 1805 berief ihn die Dänische Kunstakademie in Kopenhagen zum ordentlichen Mitglied. Staatsaufträge – etwa von Napoleon – folgten oder beispielweise 1830 das Grabmal für Papst Pius VII. im Petersdom.

 

AUFTRAG VON KÖNIG WILHELM I.

Den ersten Stuttgarter Auftrag erhielt Thorvaldsen im Jahr 1822 von König Wilhelm I. von Württemberg, der für seine verstorbene Frau Katharina die Grabkapelle auf dem Württemberg errichten ließ. Im Kapellenraum sollten große Figuren der vier Evangelisten Matthäus, Lukas, Markus und Johannes in Wandnischen stehen. Beauftragt wurden die beiden führenden Bildhauer der Zeit, Bertel Thorvaldsen und Johann Heinrich Dannecker (1758–1841), der in Stuttgart lebte und arbeitete. Die Figuren sollten aus feinstem Material hergestellt werden – also kam nur der reinweiße Carrara-Marmor in Frage. Die vier Evangelisten sind der einzige figürliche Schmuck der Grabkapelle, die in klassizistischer und schlichter Monumentalität vom Hofarchitekten Giovanni Salucci entworfen wurde.

 

MARKUS, MATTHÄUS, LUKAS, JOHANNES

In ihrer Haltung, ihrem Gesichtstyp und der römischen Gewandung sind drei der Evangelisten ganz klassisch und in der seit dem Mittelalter traditionellen Darstellung von Evangelisten gearbeitet: Jede Figur hält eine Schrifttafel in den Händen und ist mit ihrem Kennzeichen dargestellt. Für Matthäus ist dies der Engel, für Lukas der Stier und für Markus der Löwe. Bertel Thorvaldsen fertigte die Skizzen für die Figuren des Markus und des Matthäus. Die Ausführung übertrug der Künstler seinen Gehilfen Johann Leeb und Johann Nepomuk Zwerger. Diese Arbeitsteilung war durchaus üblich. Die drei eindrucksvollen Figuren konnten bereits 1825 in der Grabkapelle aufgestellt werden. Johann Heinrich Dannecker, der Hofbildhauer des Königs, brach bei der Darstellung des Johannes mit den herkömmlichen Bildkonventionen, verzichtete auf den Adler als Attribut des Evangelisten und versuchte, das religiöse Empfinden in Bewegung und Gesicht deutlich werden zu lassen. Danneckers Johannes wurde als letzte der vier Figuren im Sommer 1828 in der Kapelle aufgestellt.

 

SCHÖPFER DES MONUMENTS AUF DEM STUTTGARTER SCHILLERPLATZ 

Dannecker und Thorvaldsen lernten sich kennen, als der bereits alte Thorvaldsen einen Besuch in Stuttgart machte. Thorvaldsen hatte in den 1830er-Jahren den Auftrag für das große Schillermonument auf dem Platz zwischen dem Alten Schloss und der Stuttgarter Stiftskirche erhalten – die innerstädtische Platzanlage, die heute Schillerplatz heißt. 1839 wurde die mächtige freistehende Statue des Dichters auf ihrem hohen Postament aufgestellt. Weithin sichtbar über dem Treiben auf dem lebhaften Stuttgarter Platz ist sie weitaus bekannter als Werk des großen Bildhauers Thorvaldsen als die beiden fast verborgenen marmornen Evangelisten in der stillen Grabkapelle. Fünf Jahre später, 1844, starb Bertel Thorvaldsen 73-jährig in Kopenhagen.

 

ZIEL FÜR SPAZIERGÄNGER

Die Lage in den Weinbergen und die legendäre Aussicht über das Neckartal machen die Grabkapelle auf dem Württemberg zum Ziel für viele Menschen – zu allen Jahreszeiten . Das Bauwerk verdankt seine Entstehung dem frühen Tod von Königin Katharina von Württemberg im Jahr 1819. Der trauernde Witwer König Wilhelm I. ließ hier ab dem Jahr 1820 den weithin sichtbaren klassizistischen Kuppelbau errichten. Der Inschrift am Portal „Die Liebe höret nimmer auf“ verdankt das Mausoleum den Ruf als romantischster Ort Stuttgarts. 2020 feiern die Staatlichen Schlösser und Gärten Baden-Württemberg das 200. Jubiläum der Grundsteinlegung.

 

SERVICE UND INFORMATION

Derzeit ist die Grabkapelle auf dem Württemberg wie alle Monumente der Staatlichen Schlösser und Gärten Baden-Württemberg – und wie alle Museen und Kultureinrichtungen – wegen der hohen Infektionszahlen der Corona-Pandemie mindestens bis zum 30. November geschlossen.

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