Montag, 8. Juni 2020

Kloster Schussenried, Bad Schussenried | Allgemeines 10. Juni 1685: Georg Anton Machein, Schöpfer des Chorgestühls, wird geboren

Der 10. Juni ist der Geburtstag des Künstlers, der das Chorgestühl in der Schussenrieder Klosterkirche geschaffen hat: Der Bildhauer Georg Anton Machein wurde am 10.6.1685, vor genau 335 Jahren, geboren. Das Chorgestühl in St. Magnus ist sein Hauptwerk und ein herausragendes Zeugnis barocker Bildschnitzerei.

EIN MEISTER DES OBERSCHWÄBISCHEN BAROCK

Viel weiß man nicht vom Leben des Künstlers, der das barocke Chorgestühl von St. Magnus geschaffen hat:  Georg Anton Machein kam am 10. Juni 1685 in Großprüfening, heute einem Stadtteil von Regensburg, als Sohn eines Schusters, auf die Welt. Ab 1709 wohnte der Bildhauer wegen eines Auftrags in Marchtal, dann, ab 1715 in Schussenried: Auch hier war es ein Auftrag, der den Grund dafür gab: das Chorgestühl der Klosterkirche. 1716 erhielt er das Bürgerrecht der Reichsstadt Überlingen am Bodensee; dort starb er 1739.

 

UMFANGREICHES WERK IN OBERSCHWABEN UND IN DER SCHWEIZ

Sein Schaffen war umfangreich: Es umfasst etwa Skulpturen für den Choraltar in der Pfarrkirche Riedlingen im Jahr 1712, in der Klosterkirche Schussenried neben dem Hochaltar auch weitere Skulpturen, etwa für den Hochaltar, einen Tiberius-Altar für die Klosterkirche Obermarchtal und einen Altar für die Pfarrkirche Untereggatsweiler bei Saulgau, die Kanzel der Pfarrkirche Winterstettendorf, schließlich, als letzte urkundlich belegte Werke Macheins, Bildschnitzereien für mehrere Altäre, eine Kanzel und ein Tabernakel in der Klosterkirche St. Katharinental im schweizerischen Thurgau in den Jahren 1734–1738. Dazu kommen viele weitere Arbeiten, die ihm zugeschrieben werden.

 

EIN MEISTERWERK BAROCKER SCHNITZKUNST

Das barocke Chorgestühl von St. Magnus gilt heute als das Hauptwerk des Bildhauers und Schnitzers Georg Anton Machein. 1715 kam er nach Schussenried, um mit seiner Werkstatt das neue Chorgestühl anzufertigen, nachdem er bis dahin 1in der Prämonstratenserabtei Obermarchtal tätig gewesen war. Die Prämonstratenser in Süddeutschland vermittelten untereinander häufig geeignete Künstler und Handwerker. Im Schussenrieder Chorgestühl zeigt sich die ganze Meisterschaft des Holzbildhauers, der in souveräner Form sein Material beherrscht. Bei aller Detailfülle aus Figuren und dekorativen Elementen gelingt ihm eindrucksvoll die große Komposition des mächtigen Gestühls, das heute noch den Chorraum von St. Magnus einnimmt.

 

WAS IST EIN CHORGESTÜHL?

Der Chor war in jeder Klosterkirche der Bereich, zu dem nur die Mönche oder Nonnen Zutritt hatten. Hier trafen sie sich zum gemeinsamen Stundengebet. Das Chorgestühl diente ihnen während dieser Zeit als Sitzgelegenheit. Allzu gemütlich wurde es dabei nicht, denn während der Gesänge wurden die Sitzflächen nach oben geklappt, damit die Mönche, wie vorgeschrieben, stehend singen konnten. Das Chorgestühl verfügt meistens, wie in Schussenried, über zwei Sitzreihen, die sich an beiden Seiten des Chorraumes gegenüberstehen. Jeder einzelne Sitzplatz ist durch Trennwände, sogenannte Wangen, vom nächsten abgegrenzt.

 

FANTASIEVOLL UND REICH GESCHMÜCKT
Georg Anton Machein bedeckte das Chorgestühl mit reichem Schnitzwerk voller Details. Je länger man hinsieht, desto mehr gibt es zu entdecken: fein gearbeitete Reliefs aus hellerem Lindenholz schmücken die hohen Rückenlehnen. Sie zeigen Szenen aus dem Marienleben und dem Leben Christi. Dazwischen platzierte Machein Skulpturen von insgesamt vierundzwanzig männlichen und weiblichen Ordensgründern. Unter ihnen ist auch der heilige Norbert von Xanten zu finden, der Gründer des Prämonstratenserordens. Das Gestühl wird bekrönt von filigranen Pflanzenornamenten und weiteren Skulpturen: Heilige und Selige mit besonderer Bedeutung für die Prämonstratenser. Unterhalb dieser religiösen Darstellungen hat Machein seiner Fantasie freien Lauf gelassen. Die Trennwände zwischen den einzelnen Sitzplätzen überziehen Fabelwesen, Tiere, Pflanzen und Musikanten. So groß ist die Fantasie des Schnitzers, dass sich im riesigen Gestühl kaum ein Motiv wiederholt.

 

BAROCKE HÜLLE FÜR ALTE MAUERN

Das neue Chorgestühl war Teil einer umfassenden Neugestaltung der Klosterkirche im 18. Jahrhundert. Statt zu Beginn des 18. Jahrhunderts ein ganz neues Kirchengebäude zu errichten, entschieden sich die Mönche für eine barocke Umgestaltung der gotischen Klosterkirche. Damals entstand auch das Chorgestühl, das bis heute nahezu unverändert erhalten geblieben ist; lediglich der Standort wurde 1932 verändert. Am Schussenrieder Chorgestühl sorgt die Verwendung der zwei Holzarten, dunkles Walnussholz und hellbraune Linde, für einen harmonischen und reizvollen Farbklang.

 

STOLZE GESCHICHTE IN BAROCKEM SCHMUCK
Kloster Schussenried gehörte zum Orden der Prämonstratenser, der im 12. Jahrhundert in Frankreich gegründet worden war: 1220, vor genau 800 Jahren, errichtete der Ordensgründer Norbert von Xanten sein erstes Kloster in Premontré, das dem Orden den Namen geben sollte. Noch im gleichen Jahrhundert, 1183, stifteten zwei reiche Adlige aus Schussenried ihren Besitz dem aufstrebenden Orden und gründeten das Kloster. Heute wird Kloster Schussenried betreut und präsentiert von den Staatlichen Schlösser und Gärten Baden-Württemberg. Barocke Kunstwerke wie die einstigen Klosterkirche mit dem reichen Chorgestühl und der berühmte Bibliothekssaal machen das Kloster zu einem wichtigen Anziehungspunkt an der Oberschwäbischen Barockstraße.

 

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