UNTERRICHT SEIT DEM 16. JAHRHUNDERT
Mitte des 12. Jahrhunderts begannen die Zisterzienser mit dem Bau von Kloster Maulbronn im heutigen Enzkreis. Das Kloster gehört seit 1993 zum UNESCO-Weltkulturerbe und gilt als die am vollständigsten erhaltene Klosteranlage des Mittelalters nördlich der Alpen. Im Laufe der Jahrhunderte entstand eine riesige Klosterstadt. An den verschiedensten Stellen finden sich Stilrichtungen und Entwicklungsstufen von der Romantik bis zur Spätgotik. Seinen hervorragenden Zustand verdankt das Kloster einer Entwicklung im 16. Jahrhundert. Herzog Christoph von Württemberg ließ mit seiner neuen Kirchenordnung von 1556 die 13 Männerklöster Württembergs in Klosterschulen umwandeln. Dazu gehörte auch Kloster Maulbronn. Bis auf zwei Unterbrechungen, zuerst während des Dreißigjährigen Krieges (1618 – 1648) und später in der Zeit des Nationalsozialismus, wurden und werden dort junge Menschen unterrichtet. Mittlerweile lernen dort Jungen und Mädchen gemeinsam. Seit 2010 können sie in den Räumen des Klosters auch ihr Abitur ablegen.
PFARRER-NACHWUCHS AUSBILDEN
Daran hatte im 16. Jahrhundert freilich niemand gedacht. Ziel der Klosterschule war es, den evangelischen Pfarrer-Nachwuchs auszubilden. Die in romanischem und gotischem Stil errichteten Klostergebäude waren für diesen Zweck besonders geeignet. Auf größere Um- oder Neubauten wurde deshalb in den folgenden Jahrhunderten verzichtet. Dieser Tatsache ist es zu verdanken, dass Gäste in Maulbronn eine sehr gut erhaltene, unverfälschte mittelalterliche Klosteranlage besichtigen können, in der immer noch Menschen leben, arbeiten und lernen. Bei ihrer Gründung galten die Klosterschulen in Württemberg als hochmodern. Denn erstmals hatten auch Kinder aus ärmeren Familien die Möglichkeit, eine höhere Schulbildung zu bekommen. Der Schulbesuch war mit einer Auflage verbunden: Die Jungen mussten anschließend am Tübinger Stift Theologie studieren und später Pfarrer oder Lehrer werden. Der Schulalltag der Jungen war von einer Fülle an Lehrstoff, strenger Disziplin und Erfolgsdruck geprägt. 1806, während der Säkularisation, gingen alle Klöster in Staatsbesitz über und wurden in Evangelisch-Theologische Seminare umbenannt. Von ihnen gibt es mittlerweile nur noch zwei: Maulbronn und Blaubeuren.
REVOLUTIONÄR HERWEGH BESUCHTE KLOSTERSCHULE
Viele bekannte Persönlichkeiten begannen ihre Laufbahn am Maulbronner Seminar: beispielsweise der Mathematiker, Astronom, Optiker und Astrologe Johannes Kepler (1571 – 1630). Ebenso der bedeutende Lyriker Friedrich Hölderlin (1770 – 1843) und Literatur Nobelpreis-Träger Hermann Hesse (1877 – 1962). Ein weiterer berühmter Klosterschüler ist der politische Schriftsteller und Lyriker Georg Herwegh. Er lebte von 1817 bis 1875 und wäre am 31. Mai 205 Jahre alt geworden. Herwegh wuchs als Sohn eines Stuttgarter Gastwirts in kleinbürgerlichen Verhältnissen auf. Zuerst besuchte er die Lateinschule in Balingen. 1831 wechselte er an das Maulbronner Seminar, das er bis 1835 besuchte. Wie alle Seminaristen lebte er im einstigen Kloster. Danach wechselte er zum Studium der Theologie und Rechtswissenschaften ans Tübinger Stift. Allerdings musste er die Einrichtung bereits ein Jahr später wegen Verstößen gegen die Stiftsordnung wieder verlassen. Herwegh war schon während seiner Schulzeit aufgefallen. Er galt als aufmüpfig und aufsässig. Auch die Militärlaufbahn war nichts für ihn. 1839 floh er in die Schweiz, weil er aus dem württembergischen Militärdienst desertiert war. Sein literarischer Durchbruch gelang ihm 1841 mit „Gedichten eines Lebendigen“. Aber Herwegh wurde nicht nur als Schriftsteller verehrt. 1848 beteiligte er sich zusammen mit seiner Frau am badischen Aufstand und war Führer eines bewaffneten Freiwilligenverbands. Die Revolutionären kämpften für eine badische Republik. Sie traten für die Souveränität des Volkes und gegen die Fürstenherrschaft ein. Der Aufstand misslang. Herwegh flüchtete erneut in die Schweiz. 1866 kehrte er nach Deutschland zurück. Er war ein Mitstreiter der Arbeiterklasse, später Mitglied der neuen marxistisch-revolutionären Sozialdemokratischen Arbeiterpartei (SDAP) und ständiger Mitarbeiter des sozialdemokratischen Blatts „Der Volksstaat“. Dort veröffentlichte er seine schärfsten politischen Gedichte. Er verurteilte darin den preußischen Militarismus, den Deutsch-Französischen Krieg von 1870/71 und das deutsche Kaiserreich.
DAUERAUSSTELLUNG IM LITERATURMUSEUM
Neben der Klosteranlage mit architektonischen Höhepunkten wie der romanischen Klosterkirche, dem gotischen Kreuzgang und dem Brunnenhaus in der Klausur gibt es in Maulbronn auch für Literaturliebhaberinnen und -liebhaber einiges zu entdecken. Im Literaturmuseum des Klosters bietet die Dauerstellung „Besuchen. Bilden. Schreiben. Das Kloster Maulbronn und die Literatur“ Einblicke in die Welt der Dichter und Denker, die mit Maulbronn verbunden sind. In drei Abteilungen gibt die Ausstellung einen Überblick über mehr als acht Jahrhunderte und rund 50 Schriftstellerinnen und Schriftsteller. Biographien und Bezüge der Literaten zur Stadt Maulbronn können an einer Medienstation recherchiert werden.
SERVICE UND INFORMATIONEN
Kloster Maulbronn
ÖFFNUNGSZEITEN
bis 31.10.2022
Mo – So und Feiertage 9.30 – 17.30 Uhr
PREISE
Kloster
Erwachsene 9,00 €
Ermäßigte 4,50 €
Familien 22,50 €
Kloster mit Standardführung oder Audioguide
Erwachsene 12,00 €
Ermäßigte 6,00 €
Familien 30,00 €
HINWEISE
Wir empfehlen Ihnen, weiterhin eine Maske zu tragen. Die Maske ist ein effizientes Mittel, um sich und andere vor Infektionen zu schützen.
KONTAKT
Kloster Maulbronn
Klosterhof 5
75433 Maulbronn
Telefon +49(0)70 43.92 66 10
info@kloster-maulbronn.de