EINE ARRANGIERTE EHE
Bereits von Kindesbeinen an konnte Prinzessin Sibylla Augusta von Sachsen-Lauenburg in Luxus schwelgen. Am 21. Januar 1675 wurde sie in eine reiche katholischen Familie hineingeboren, die in Schlackenwerth, heute Ostrov nad Ohří, in Böhmen ein Schloss besaß. Ihre Schwester und sie waren begehrte Kandidatinnen auf dem fürstlichen Heiratsmarkt. Als Markgraf Ludwig Wilhelm von Baden-Baden 1690 zur Brautschau kam, wählte er die 15-jährige Sibylla Augusta – zum Ärger der älteren Anna Maria Franziska. Die Hochzeit folgte im März 1690 auf Schloss Raudnitz, da die Residenz des Markgrafen in Baden-Baden nach einem Krieg mit den Franzosen in Trümmern lag.
SIBYLLA AUGUSTA ALS REGENTIN
Trotz des Altersunterschieds von 20 Jahren war die Ehe von großer Zuneigung geprägt, wie Sibylla Augusta in einigen Briefen bezeugte. In elf Jahren kamen neun Kinder zur Welt, von denen jedoch sechs bereits in den ersten Lebensjahren starben. 1707 erlebte Sibylla Augusta einen weiteren Schicksalsschlag: den Tod ihres Ehemannes. Erbprinz Ludwig Georg war mit seinen knapp fünf Jahren noch zu jung für den Thron. So wurde sie vormundschaftliche Regentin an seiner Stelle – und regierte zwanzig Jahre lang.
DIE MARKGRÄFIN ALS BAUHERRIN
Die Regentin musste mit den Folgen des Spanischen Erbfolgekriegs leben: Die französischen Truppen waren in der Residenzstadt Rastatt eingefallen: Von 1707 bis 1714 musste Sibylla Augusta die Stadt verlassen. Noch im Exil ordnete sie 1710 den Bau von Schloss Favorite und der Kirche am Residenzschloss an. Aber auch eine Reihe von Kapellen, die heilige Stätten aus dem Leben Jesu nachahmten, gehörte dazu. Mit diesen Gebäuden präsentierte sie sich als kunstsinnige Herrscherin und fromme katholische Fürstin. Auch ihrem Sohn Ludwig Georg schuf sie mit all den Bauten ein standesgemäßes Umfeld, wenn er einmal als zukünftiger Markgraf regieren sollte.
PERSÖNLICHE PRÄGUNG
Sibylla Augusta überließ als kunstsinnige Herrscherin beim Bau von Schloss Favorite kein Detail dem Zufall. Ihre Ideen und Wünsche setzten Baumeister Michael Ludwig Rohrer und ihr künstlerischer Leiter Franz Pfleger in prachtvolle Realität um. Ein großes Vorbild war ihre Heimat Böhmen, doch Sibylla Augustas Geschmack war international. Mit großer Begeisterung sammelte sie eine Innovation aus Sachsen: „Schwartz Porcelain“, schwarzglänzendes Böttgersteinzeug, das aufwendig bemalt wurde und an chinesisches Porzellan erinnert. Sibylla Augusta drückte Schloss Favorite ihren ganz persönlichen Stempel auf, mit ihrer einzigartigen Porzellansammlung und den individuell ausgesuchten Kunstwerken aus aller Welt.
DAS THEMENJAHR 2021
Die Staatlichen Schlösser und Gärten Baden-Württemberg rufen für 2021 das Themenjahr Exotik aus. Dabei geht es um „Fantasie und Faszination“ des Fremden für die Europäer, angefangen von den kostbaren exotischen Importen wie Porzellan und Seide, Kaffee, Tee und Schokolade. Aber auch die dunklen Seiten dieser Begeisterung werden gezeigt: Die Menschen in den fernen Kontinenten zahlten den Preis für die europäische Begeisterung, als Sklaven auf Plantagen oder einfach, weil sie im Blick der weißen Eroberer „Wilde“ waren.
SCHLOSS FAVORITE RASTATT – DAS PORZELLANSCHLOSS
Gemalte Porzellane an der Decke, japanische Figuren als Wandschmuck oder die blau-weißen Fliesen im Gartensaal verleihen den Prunkräumen im Lustschloss von Markgräfin Sibylla Augusta ihre exotische Aura. Echte chinesische Porzellanfiguren oder chinesisch inspirierte Lackmöbel aus europäischer Herstellung wie die blaue Garnitur steigern das exotische Ambiente. Im Erdgeschoss ist frühes Meißner Porzellan ausgestellt: darunter Objekte mit filigranem Blumendekor. In den 1720er-Jahren waren „indianischen Blumen“ ein beliebtes Motiv, exotische Blumen aus „Ostindien“ wie Pfingstrosen, Chrysanthemen und Nelken, die mit den Schiffen der Ostindischen Handelskompagnien nach Europa gelangten. Der berühmteste Porzellanmaler der sächsischen Manufaktur, Johann Gregorius Höroldt, schuf die Dekorvorlagen mit den asiatischen Pflanzen, aber auch Tieren und Figuren. Viele weitere kunstvolle Details spiegeln den persönlichen Geschmack der Markgräfin wider, doch sie stehen auch für die barocke Vorstellung von angemessener fürstlicher Selbstdarstellung. Sehenswert sind die Kostümbilder: Sie zeigen die markgräfliche Familie in einer beeindruckenden Vielfalt an Kostümen, unter anderem als Türken oder Afrikaner. Auch im Landschaftsgarten zeigt sich die Vorliebe für Exotisches: Dort wachsen Pflanzen aus aller Welt wie der amerikanische Amberbaum, ein Mammutbaum, ein Japanischer Schnurbaum und ein Ginkgo aus China.
SERVICE
Schloss Favorite Rastatt
Schloss Favorite Rastatt ist ab 19. Juni 2021 wieder für Gäste geöffnet. Es finden Führungen im Erdgeschoss statt. Die Beletage muss leider vorher geschlossen bleiben.
Führungen
Bis 30. September
Sa, So, Feiertag ab 11.00 stündlich bis 16.00 Uhr (letzter Einlass)
Preis
Erwachsene 5,00 €
Ermäßigte 2,50 €
Familien 12,50 €
Information und Anmeldung
Empfohlene Anmeldung über das Besucherzentrum (Kasse)
Schloss Favorite Rastatt
Telefon +49(0)7222. 41207
Telefax +49(0)7222. 40 89 57
info@schloss-favorite-rastatt.de
Für die Führungen gilt die Einhaltung der folgenden Vorgaben:
Nach der Corona-Verordnung der Landesregierung von Baden-Württemberg Erhebung der Kontaktdaten wie Name und Vorname, Adresse und Telefonnummer sowie Datum des Besuchs, Uhrzeit (von – bis), Startzeitpunkt der Führung. Die Erhebung soll einer möglichst schnellen Nachverfolgbarkeit der Infektionsketten mit dem Virus dienen. Diese Daten werden 4 Wochen lang gespeichert.
Das Kontaktformular kann vorab ausgefüllt und mitgebracht werden (PDF auf: www.schloss-favorite-rastatt.de). Natürlich besteht auch die Möglichkeit, es vor Ort auszufüllen. Die Luca-App kann auch genutzt werden.
Es gilt das Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung für Gäste ab 6 Jahre. Bitte eine Maske (medizinische Masken oder FFP2 Masken) mitbringen. Dies gilt sowohl für die Besucher*innen als auch für das Führungspersonal.
Die Teilnehmerzahl wird auf eine bestimme Maximalanzahl beschränkt.
Der Mindestabstand zwischen jedem Beteiligten von 1,5 Metern kann während der ganzen Führung garantiert werden.
Es wird nur in Räumen angehalten, die den Mindestabstand zuverlässig ermöglichen.
Desinfektion und Händewaschmöglichkeiten sind sowohl vor als auch im Kassenraum vorhanden.
Türklinken werden nur vom Führungspersonal betätigt.
Eine ausführliche Einweisung der Teilnehmer*innen über den Ablauf der Führung erfolgt im Eingangsbereich durch das Führungspersonal.