Dienstag, 6. Juli 2021

Festungsruine Hohentwiel | Allgemeines 12. Juli 1759: Johann Jakob Moser beginnt seine Festungshaft

Am 12. Juli 1759, heute vor 262 Jahren, wurde der Stuttgarter Jurist Johann Jakob Moser auf den Hohentwiel gebracht: Fünf Jahre lang wurde er von Herzog Carl Eugen hier gefangen gehalten – ohne ein Gerichtsverfahren, was internationale Empörung auslöste. Bei einer Wanderung zur Festungsruine kann man sich vorstellen, wie es wohl war, an einem solchen gut befestigten Ort inhaftiert zu sein. Noch heute kann man etwa am Exerzierplatz ein kellerartiges Gewölbe sehen, das wohl als Gefängnis genutzt wurde. Politische Häftlinge wie Johann Jakob Moser saßen im oberen Schloss ein, dem Gebäudeteil gegenüber dem Haupttor. Der berühmte Staatsrechtler setzte sich gegen die absolutistische Herrschaft der Fürsten ein und wurde der Wegbereiter des europäischen Völkerrechts – seine Verhaftung vor 262 Jahren ist ein guter Anlass, um an ihn zu erinnern.

IM RESIDENZSCHLOSS LUDWIGSBURG VERHAFTET

Am Morgen des 12. Juli 1759 machte sich Johann Jakob Moser (1701-1785) auf den Weg von Stuttgart nach Ludwigsburg. Gegen sechs Uhr hatte ihn ein Staatssekretär im Auftrag von Herzog Carl Eugen von Württemberg geweckt. Der Jurist Moser sollte sofort zur Audienz im Residenzschloss Ludwigsburg erscheinen: Carl Eugen erklärte ihm, dass er verhaftet sei. Eine bewaffnete Eskorte brachte Moser ganz in den Süden Württembergs, zur Festung Hohentwiel. Zeitgleich durchsuchten Beamte sein Haus und beschlagnahmten alle Papiere. Seine Feinde vermuteten in Moser den Kopf des Widerstands gegen die Kriegs- und Steuerpolitik des Herzogs.

 

GEFANGENGER OHNE GERICHTSPROZESS

Im 18. Jahrhundert wurde die Festung Hohentwiel nicht nur als mächtige Landesfestung, sondern auch als Staatsgefängnis genutzt. Insgesamt fünf Jahre sollte Moser auf dem Gipfel des Bergs verbringen. Die lange Haft an diesem schwer befestigten und hochgelegenen Ort sollte Moser körperlich und emotional brechen. Er, der Rechtsberater der württembergischen Landstände, wurde ohne Gerichtsverfahren inhaftiert. Moser war ein politischer Gefangener – ein Skandal! Erst acht Jahre vor seiner Verhaftung war der berühmte Jurist in seine Heimat Stuttgart zurückgekehrt. Die württembergischen Landstände hatten Moser zum „Landschaftskonsulenten“ ernannt. Auf dieser Position machte er sich mächtige Feinde.

 

RECHTSBERATER DER LANDSTÄNDE

Als Johann Jakob Moser im Siebenjährigen Krieg (1756-1763) die Politik Carl Eugens heftig kritisierte, begab er sich auf dünnes Eis. Der Herzog erhöhte die Steuern, ließ Truppen ausheben und vermietete sie an das katholische Österreich. Ein klarer Widerspruch zu den Rechten der Landschaft, die hierzu ihre Genehmigung hätten erteilen müssen! Deren Beschwerdeschriften verhallten jedoch. Moser schlug darauf vor, die Landschaft solle eine eigene Außenpolitik betrieben. So könnte man den Herzog zum Einlenken bewegen. Das ging Carl Eugen zu weit. Der Herzog entließ einen der Söhne Mosers aus seinen Ämtern und erteilte ihm ein Ausreiseverbot – ein Warnschuss für den Landschaftskonsulenten. Doch Moser lenkte nicht ein.

 

ISOLATIONSHAFT AUF DEM HOHENTWIEL

Der Konflikt gipfelte in der Verhaftung Mosers am 12. Juli 1759. Er wurde auf dem Hohentwiel in Isolationshaft gehalten. Über vier Jahre lang war er in einem Zimmer eingeschlossen. Dem gläubigen Juristen untersagte man sogar den Kirchgang. Zudem verbot man ihm, bis auf die Bibel und ein Gebetbuch, alle Bücher. Der Kommandant der Festung, der ihn zweimal am Tag besuchte, war sein einziger Gesprächspartner; Gäste durfte Moser nicht empfangen. Zudem verweigerte man ihm Papier und Schreibzeug – eine Qual für einen der produktivsten Autoren seiner Zeit: 500 bis 600 Bücher veröffentlichte Moser bis zu seinem Tod. Mit Asche schrieb er hunderte geistliche Lieder an die Wände seiner Zelle, um seinen Schreibdrang zu stillen.

 

INTERNATIONALER DRUCK GEGEN DEN HERZOG

Der Druck auf den Herzog stieg mit dem Ende des Siebenjährigen Krieges 1763. Der Fall Moser wurde zu einem internationalen Politikum. Dänemark, England und Preußen schalteten sich ein. Man warf Carl Eugen Rechtsbeugung und Ungerechtigkeit vor. Die Vorwürfe untergruben seine Herrschaft. Der Herzog sah sich gezwungen, Moser freizulassen – eine Straftat war dem Juristen nicht nachzuweisen. Das glückliche Ende ist vor allem das Verdienst von Mosers Sohn Friedrich Karl. Als Minister in Hessen-Darmstadt regte er die internationale Kritik an und organisierte sie.

 

FREIHEIT FÜR MOSER

Mosers Rückreise vom Hohentwiel nach Stuttgart soll ein Triumphzug gewesen sein. Der Jurist wurde zum Symbol gegen Krieg, hohe Steuern und das Luxusleben Carl Eugens. Zurück in Stuttgart versuchte Moser, seine alte Tätigkeit als Konsulent wiederaufzunehmen. Erneut geriet er zwischen die Fronten der Landschaft und des Herzogs. 1770 schied Moser endgültig als Konsulent aus. Bis zu seinem Tod am 30. September 1785 widmete er sich nun ganz der Schriftstellerei.

 

DEN HOHENTWIEL ANALOG UND DIGITAL ERLEBEN

Der Aufstieg dauert circa 25 Minuten – unterwegs steht Besucherinnen und Besucher im Prolog der „Monumente 3D“-App die facettenreiche Geschichte des Hohentwiel als Audiotour zur Verfügung: Diese reicht bis in die Zeit, als hier im Hegau die Erde noch vulkanisch aktiv war. Schon lange vor dem Jahr 1000 nutzten die Menschen den steilen Berg als Standort für eine sichere Burg. Mit der innovativen Monumente-App können Besucherinnen und Besucher auf eigene Faust – und im eigenen Tempo – den Berg und die Festungsanlage erkunden.

 

SERVICE

App „Monumente 3D“
Festung Hohentwiel

Als Download in den bekannten App-Stores verfügbar.

 

ÖFFNUNGSZEITEN

Festungsruine

Bis 15. September

Mo‒So, Feiertag

9:00‒19:30 Uhr

letzter Einlass 18.30 Uhr

 

Kasse, Shop und Weinverkauf im Infozentrum

Bis 15. September

Mo‒So, Feiertag

9:00‒18:30 Uhr

 

BESUCHSHINWEISE

Für den Besuch des Monuments gelten die Auflagen der gültigen Corona-Verordnungen des Landes: Es gilt eine strikte Pflicht zum Tragen von Mund-Nasen-Bedeckungen (medizinische Masken oder FFP2 Masken) für Gäste ab 6 Jahre. Außerdem muss der Abstand von 1,5 Metern zu Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und anderen Gästen eingehalten werden. Es besteht eine Pflicht zur Erhebung und Datenverarbeitung der Kontaktdaten der Gäste zur eventuellen Infektionskettennachverfolgung gemäß § 6 Corona-Verordnung. Das Kontaktformular steht als Download auf dem Internetportal der Staatlichen Schlösser und Gärten Baden-Württemberg zur Verfügung und kann vor Ort ausgefüllt im Infozentrum abgegeben werden.

 

KONTAKT UND INFORMATION

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