Dienstag, 18. Mai 2021

Residenzschloss Mergentheim | Allgemeines 24. Mai 1867: Ein königliches Festmahl mit hohem Besuch der Jüdischen Gemeinde

Der Rabbiner Dr. Max Sänger war selbstverständlich eingeladen, als König Karl von Württemberg am 24. Mai 1867 im Residenzschloss Mergentheim ein Festessen gab. Drei Jahre zuvor hatte Karl ein Gesetz über die bürgerliche Gleichstellung der Juden in seinem Königreich unterzeichnet. Deutschlandweit wird in diesem Jahr mit einem großen Jubiläumsprogramm an „1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland“ erinnert. Die Staatlichen Schlösser und Gärten Baden-Württemberg greifen das Thema auf und machen sich auf Spurensuche in den Monumenten des Landes. Die Ausstellung „Jüdisches Leben in Mergentheim“ im Residenzschloss erzählt von dieser Geschichte.

EIN RABBINER ZU GAST IM SCHLOSS

Wem die Ehre zuteil wurde, an die Tafel der württembergischen Könige geladen zu werden, der konnte sich zu den Privilegierten zählen. Als König Karl am 24. Mai 1867 im Residenzschloss Mergentheim zu einem Festessen einlud, befand sich unter den Gästen auch der Rabbiner Dr. Max Sänger von der örtlichen Jüdischen Gemeinde. Seine Teilnahme an dem Festbankett war der „Allgemeinen Zeitung des Judentums“ eine Meldung wert. Um mögliche Irritationen strenggläubiger Leser zu vermeiden, stellte die Zeitung dabei klar, dass sich Sänger „welcher sich gleich den Engeln, die bei unserem Erzvater Abraham jenen Besuch abstatteten, bloß dem Anscheine nach beim Mahle beteiligte“. Denn an der Tafel des Königs wurde wahrscheinlich kein koscheres Essen serviert.

 

JUDEN IN MERGENTHEIM
Bereits seit dem 13. Jahrhundert lebten Menschen jüdischen Glaubens in Mergentheim. Da sie häufig Anfeindungen ausgesetzt waren und wenige Rechte besaßen, stellten die Landesherren ihnen Schutzbriefe aus. Das Wohlergehen der jüdischen Untertanen hing von den christlichen Herrschern ab: Sie durften beispielsweise nur dort wohnen, wo es die Obrigkeit erlaubte. Doch die garantierte Sicherheit ermöglichte zugleich, dass sich jüdisches Leben und Kultur zumindest in Ansätzen entfalten konnte. In Mergentheim stellte der Deutsche Orden als Landesherr jüdischen Einwohnern Schutzbriefe aus. Erfolgreiche Kaufleute standen sogar im direkten Dienst des Ordens, so zum Beispiel ab 1750 der Hoffaktor Simon Baruch. Er beschaffte Kapital und handelte im Namen des Hochmeisters.

 

EIN WEITER WEG ZUR GLEICHSTELLUNG
Napoleon mischte die Karten im Südwesten neu: Seine Politik setzte der Herrschaft des Deutschen Ordens in Mergentheim 1809 ein Ende. Das neu geschaffene Königreich Württemberg profitierte davon und übernahm deren Ländereien und sonstigen Besitz. Der Kaiser der Franzosen trieb die Judenemanzipation voran, welche die Menschen jüdischen Glaubens zu gleichwertigen Staatsbürgern erhob. Im Königreich Württemberg erhielten die jüdischen Einwohner 1864 dieselben Rechte wie ihre christlichen Nachbarn: König Karl unterschrieb das „Gesetz über die bürgerliche Gleichstellung der Juden“ einen Monat nach Regierungsantritt.

 

EIN STARKES SYMBOL
Dass der Rabbiner Dr. Max Sänger an der Tafel des Königs saß, war drei Jahre nach dem Inkrafttreten des Gesetzes von 1864 ein starkes Symbol. Die „Allgemeine Zeitung des Judentums" vom 11. Juni 1867 berichtet: „Mergentheim, 26. Mai. Am 24. Mai dieses Jahres besuchten Seine Majestät, unser König die hiesige Stadt und war der Empfang ein sehr festlicher. Bei dieser Gelegenheit hatten mehrere geistliche und weltliche Beamten die Ehre zur königlichen Tafel gezogen zu werden, darunter auch der würdige Herr Rabbiner Sänger von hier…“ Die Bemühungen um die rechtliche Gleichstellung der jüdischen Bürger trug erste Früchte.

 

1700 JAHRE JÜDISCHES LEBEN IN DEUTSCHLAND

Im Jahr 2021 kann jüdisches Leben in Deutschland auf eine 1700-jährige Geschichte zurückblicken, die im Rahmen eines bundesweiten Themenjahres mit zahlreichen Veranstaltungen beleuchtet werden soll. In einem Edikt des römischen Kaisers Konstantin aus dem Jahr 321 findet sich die erste Erwähnung von Juden, die im Gebiet des heutigen Deutschlands leben, in der damaligen römischen Stadt Köln. Es gilt als ältester Beleg jüdischen Lebens in Europa nördlich der Alpen. Zahlreiche Monumente in Baden-Württemberg bieten Gelegenheit dazu, sich auf Spurensuche von 1700 Jahren gemeinsamer Geschichte zu begeben.

 

INFORMATION
Das Residenzschloss Mergentheim ist ab dem 12. Mai mit Angabe der Kontaktdaten wieder für Gäste geöffnet.

Beim Besuch gelten die üblichen Auflagen der gültigen Corona-Verordnungen des Landes. Es gilt eine strikte Pflicht zum Tragen von Mund-Nasen-Bedeckungen für Gäste ab 6 Jahre. Bitte eine passende Maske (medizinische Masken oder FFP2-Masken) mitbringen. Außerdem muss der Abstand von 1,5 Metern zu Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und anderen Gästen eingehalten werden.

 

ÖFFNUNGSZEITEN

Mi, Do, Fr, Sa, So, Feiertag       10:30 - 17:00 Uhr

 

PREISE

Erwachsene                             7,00 €

Erwachsene mit Kurkarte         6,30 €

Ermäßigte                                3,50 €

Familien                                  17,50 €

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