GRETA DOMNICK – EINE UNGEWÖHNLICHE FRAU
Greta Domnick wurde unter ihrem Mädchennamen Margarethe Gerhardt im Oktober 1909 in Wongrowitz bei Posen geboren. In Breslau wuchs sie auf und studierte dort Neurologie und Gehirnchirurgie. In den 1920er Jahren galten die Fächer als neue Wissenschaft, für eine Frau waren sie als Studienwahl eher ungewöhnlich. Doch Greta Domnick war ihrer Zeit voraus und zeigte das auch: Sie trug kurze Haare und fuhr Moped. 1936 promovierte sie und zog nach Frankfurt: Bei der Arbeit in einer Klinik in Frankfurt-Niederrad lernte sie ihren Kollegen Ottomar Domnick kennen und lieben. Nach ihrer Hochzeit 1938 zogen Domnicks nach Stuttgart und eröffneten ihre eigene Praxis zunächst in Bad Cannstatt, dann in der Innenstadt.
GEMEINSAM LEBEN UND ARBEITEN
In seiner Biografie schreibt Ottomar Domnick später, dass seine Frau ihren Frankfurter Patienten – mit Diagnose Schizophrenie – couragiert gegenübertrat; eine wichtige Eigenschaft auch in schwierigen Zeiten. Als Ottomar Domnick ab 1939 als Arzt in Russland war, führte Greta Domnick die Praxis weiter, bis die Räume mitsamt der Wohnung durch Bomben zerstört wurden. Sie schaffte es, die Patienten zu halten. Nach der Rückkehr Ottomars 1945 eröffneten sie eine neue Praxis in Stuttgart. Die Lage, gleich beim Bubenbad, war bezeichnend: Ihr Nachbar war der Maler Willi Baumeister. Zur selben Zeit begann Ottomar Domnick erste Kunstwerke zu sammeln und sich kunstpolitisch zu engagieren, was zunehmend Reisen bedeutete – der Beginn „unruhiger und umtriebiger Jahre“. In den Praxisräumen fanden erste Ausstellungen, kleinere Konzerte und „Sonntagsgespräche“ statt.
LEBEN, BERUF UND – KUNST
Schnell entwickelte sich ein Kreis aus Künstlern, Kunsthändlern und Kunsthistorikerin um das Arztehepaar. Greta Domnick kümmerte sich um die Gäste, „viel besser als ich“, so ihr Ehemann. Unter der Woche führte Greta Domnick die gemeinsame Praxis, später Privatklinik, häufig alleine, laut ihrem Ehemann „alleine fast besser“. Wo sie konnte, begleitete Greta Domnick ihren Mann auf seinen Reisen im In- und Ausland: Viele Jahre unternahmen beide sonntags regelmäßig gemeinsame „Reise- und Besuchstage“ bei Künstlern in Baden-Württemberg, später auch Wochenendreisen, etwa nach Frankreich. „Es war immer ein harmonisches Team mit abgegrenzten Arbeitsgebieten“, beschrieb das berufliche Umfeld das Arztehepaar. Domnicks ergänzten sich auch privat: Er war einfallsreich, risikofreudig und sprunghaft, sie der ausgleichende Pol, geduldig und zuverlässig.
EIN KUNSTLIEBENDES TEAM
In der Öffentlichkeit und Kunstwelt glänzte Ottomar Domnick als engagierter Kunstsammler. Die erfolgreiche Nervenärztin und Geschäftsfrau war stolz auf ihren berühmten Mann und stärkte ihm den Rücken. Als Ottomar Domnick in den 1950er-Jahren das Filmen für sich entdeckte, unterstützte Greta Domnick ihren Mann. Seine Dokumentar- und Spielfilme wurden vielfach ausgezeichnet, er zum „Vater des neuen deutschen Films“. An seinem Ruhm war Ehefrau Greta aktiv beteiligt: als Darstellerin, am Schnittpult als Cutterin oder hinter der Kamera, wie 1997 bei „Domnick über Domnick“, mit Ottomar als Darsteller. Auch beim Kunstkauf stand Greta Domnick ihrem Ehemann beratend zur Seite. Der Kauf der Skulptur „Großer geharnischter Kopf“ von Lothar Fischer aus dem Jahr 1980, der heute im Garten der Sammlung Domnick in Nürtingen zu sehen ist, geht auf Gretas Empfehlung zurück.
DAS GEMEINSAME PROJEKT „LEBEN IM MUSEUM“
Domnicks wollten im Laufe der Zeit mit ihrer Kunst leben ‒ so entwickelte sich das Projekt „Wohnen im Museum“: Mit dem Ensemble aus Architektur, zeitgenössischen Möbeln und abstrakter europäischer Kunst schuf das Ehepaar Ende der 1960er Jahre auf der Oberensinger Höhe in Nürtingen gemeinsam ein außergewöhnliches Gesamtkunstwerk. Ab 1977 legte das Ehepaar einen Skulpturengarten im Westen des Hauses an: Hier finden sich ganz unterschiedliche Skulpturen aus Eisen, Stahl und Bronze. Das ganze Ensemble wurde 1987 unter Denkmalschutz gestellt. Nach dem Tod ihres Mannes 1989 lebte Greta Domnick sehr zurückgezogen und verstarb nur zwei Jahre später, am 6. März 1991. Wie ihr Mann wurde sie auf See bestattet. Im Skulpturengarten erinnert die Plastik „Paar“ von Karl-Heinz Türk an das kunstbegeisterte Ehepaar: Das Land Baden-Württemberg widmete sie den Stiftern der „Sammlung O. und G. Domnick“.
INFORMATION
Aktuell ist die Sammlung Domnick wie alle Monumente der Staatlichen Schlösser und Gärten Baden-Württemberg sowie Kultur- und Freizeiteinrichtungen des Landes geschlossen.