DER LEHRPLAN, EIN POLITISCHER KONFLIKT
1737 stirbt der regierende Herzog Carl Alexander von Württemberg – und Carl Eugen, 1728 geboren, wird mit neun Jahren sein Nachfolger. Damit geraten Carl Eugen und seine beiden Brüder Ludwig Eugen und Friedrich Eugen mitten in einen Machtkampf. Mit ihrem Vater Carl Alexander hatte erstmals seit der Reformation ein katholischer Herzog den württembergischen Thron bestiegen – und das in einem Land, das die evangelische Konfession für seine Bürger per Gesetz vorschrieb. Der Vater war ein hoher Militär in den Diensten des katholischen Kaisers, die Mutter Maria Augusta von Thurn und Taxis aus einer katholischen Familie – und so befürchteten die evangelischen „Landstände“, die Vertretung der Führungsschicht von Württemberg, dass das katholische Habsburg nun seine Chance nutzen wollte.
DREI PRINZEN WERDEN AUSGEBILDET
Die drei Prinzen, der Reihe nach die Anwärter auf den württembergischen Thron, noch formbar durch eine entsprechende Erziehung – das war eine Herausforderung für beide Parteien. Es erklärt, warum man die Erziehung der Prinzen sorgfältig überwachte! Der Lehrplan der drei Brüder Carl, Ludwig und Friedrich Eugen wurde zum Streitthema der politischen Parteien und die Frage, wer sie unterrichten sollte, ebenso.
PRINZEN AM PREUSSISCHEN HOF
Schon damals bot Homeschooling ein gewisses Konfliktpotential – wenn auch weniger aus Gründen des Familienfriedens. Als Carl Eugen 13 Jahre alt war, gelang es den evangelischen Kräften, die drei Prinzen an einen sicheren Ort zu schicken: Sie reisten ins protestantische Preußen. In Potsdam und Berlin residierte Friedrich der Große. Carl Eugen und seine Brüder waren ab 1742 bei ihm zu Gast und wurden ausgebildet. Nach heutigen Begriffen erhielten sie gezielten Fachunterricht, und zwar in den Fächern Deutsch, Latein und Mathematik. Dazu kamen die sportlichen Disziplinen des jungen Adels: Fechten, Tanzen und Reiten.
ERZIEHUNG DURCH DIE UMGEBUNG
Ebenso wichtig war es, die Regeln des höfischen Benehmens zu erlernen und ein gewandter Hofmann zu werden – der Aufenthalt am großen Hof des preußischen Königs bot hierfür ein anderes Umfeld als der kleine württembergische. Ebenfalls ein Teil des Unterrichts: Die Prinzen aßen an der königlichen Hoftafel und ihr Hofmeister hatte ausdrücklich darauf zu achten, dass „das nützliche und erbauliche Gespräch“ geübt wurde. Friedrich der Große pflegte einen Musenhof, er sammelte berühmte Künstler um sich. Und so kam es, dass der württembergische Erbprinz Carl Eugen einen besonders prominenten Musiklehrer hatte: Carl Philipp Emanuel Bach, den berühmtesten der Bachsöhne, Cembalo-Virtuose und Komponist.
MIT 16 JAHREN WAR DIE AUSBILDUNG VORBEI
Damals entstand auch das berühmte Bild, das den Knaben Carl Eugen in prächtiger Kleidung zeigt: Der Hofmaler des preußischen Königs, Antoine Pesne, schuf es. Heute hängt eine Ausführung im Residenzschloss Ludwigsburg, im Privatappartement des Herzogs im zweiten Obergeschoss. Dem eindrucksvollen Porträt gegenüber hängt sein Gegenstück: Es zeigt die kindliche Braut des Herzogs, Elisabeth Friederike Sophie von Brandenburg-Bayreuth, die Nichte des Preußenkönigs. Anderthalb Jahre dauerte das externe Homeschooling in der Umgebung des preußischen Königs. Dann genehmigte der Kaiser, dass Carl Eugen für mündig erklärt wurde. Schulbildung und Unterricht waren damit beendet. Carl Eugen war damals grade einmal 16 Jahre alt! Er reiste 1744 zurück nach Württemberg und bestieg den Thron des Herzogtums.
INFORMATION
Aktuell ist das Residenzschloss Ludwigsburg wie alle Monumente der Staatlichen Schlösser und Gärten Baden-Württemberg sowie Kultur- und Freizeiteinrichtungen des Landes geschlossen.
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