Freitag, 4. Dezember 2020

Residenzschloss Ludwigsburg | Allgemeines Bis ins Detail der Fensterscheiben: ein Schloss der Superlative

31.467 – das ist die Zahl der Fensterscheiben am Residenzschloss Ludwigsburg. Einer der Schlossführer hat sie, Gebäude für Gebäude und Fassade für Fassade, über die Jahre hin ausgezählt. Was sich wie unnützes Wissen anhört, ist vor allem ein eindrucksvoller Indikator für die enorme Größe des Residenzschlosses. Während der Schließzeit in der Corona-Pandemie ist für das Team der Staatlichen Schlösser und Gärten Baden-Württemberg jetzt, neben den Alltagsarbeiten, auch immer wieder Zeit für die Beschäftigung mit den Besonderheiten und Details in ihren Monumenten. Und manche Details erzählen sogar Geschichten.

ÜBER 30.000 GLASSCHEIBEN FUNKELN AM RESIDENZSCHLOSS

Das Residenzschloss Ludwigsburg ist ein Schloss mit riesigen Dimensionen. Eberhard Ludwig, Herzog von Württemberg, wollte eigentlich am Anfang des 18. Jahrhunderts nur einen Jagdsitz; in drei Jahrzehnten wuchs sein Schlossbauprojekt zu einer weitläufigen Residenz mit vielen Sälen und Galerien, zwei Kirchen und einem Theater, großen Höfen und vielen Nebengebäuden. Kein Wunder also, dass hier alles ungewöhnliche Dimensionen hat. Auch die Anzahl der Fenster: 1.512 hat ein Mitarbeiter im Schloss einmal gezählt. Und weil, typisch für ein Bauwerk des 18. Jahrhunderts, durchweg Sprossenfenster mit mehreren Feldern die Fassaden gliedern, addiert sich die Zahl am Ende auf 31.467 einzelne Scheiben am Schloss. Einmal im Jahr werden die Scheiben alle geputzt – damit die Besucherinnen und Besucher einen ungehinderten Blick nach draußen haben.

 

HISTORISCHES GLAS IN SCHLOSS LUDWIGSBURG
Wer jemals aufmerksam durch das Schloss gegangen ist, hat es bestimmt schon gesehen: Die Scheiben sind unregelmäßig. Sie lassen den Blick verschwommen werden oder unscharf, die Proportionen der Gebäude draußen verschieben und verziehen sich. Viele Gläser enthalten kleine Luftblasen, die meisten sind etwas gewölbt. Dem Schlossführerinnen und Schlossführern sind bei ihren Rundgängen auch noch andere Details aufgefallen. Auf manchen alten Scheiben haben sich Ritzungen erhalten: Monogramme oder Namen und Daten. Die schnörkelige Schrift auf dem alten Glas lässt ahnen, dass diese Inschriften aus der frühesten Zeit des Schlosses stammen. Wer war das? Wer hat hier vor zwei oder drei Jahrhunderten einen Diamantring genommen und seine Spuren im Fenster hinterlassen? Das sind Fragen, die heute niemand mehr beantworten kann.

 

KOSTBARKEIT FENSTERGLAS

Die unregelmäßige Form der Glasoberflächen hat mit der Entstehung der Scheiben zu tun: Denn bis hoch ins 18. Jahrhundert wurde Fensterglas an der Flamme geblasen: Die große Glasblase wurde von den Glashandwerkern aufgeschnitten, flachgezogen und zu Rechtecken geschnitten. Flachglas in großen, ebenmäßigen Platten zu gießen – wie heute Fensterglas entsteht – war zu der Zeit, als das Schloss errichtet wurde, noch eine Technik der Zukunft. Fensterglas war teuer, jede einzelne Tafel Handarbeit und obendrein ein fragiles Material. Immer wieder versuchten die württembergischen Herrscher daher, in den waldreichen Gebieten nordöstlich von Ludwigsburg Glashütten zu etablieren. Davon zeugen heute noch die Ortsnamen wie Althütte oder Neuhütten.

 

MOTIVEN AUS DEM SCHLOSS AUF DER SPUR

Für die Führerinnen und Führer im Ludwigsburger Schloss ist die Zeit der Coronaschließung schwierig, denn: Ihr zentrales Anliegen ist es, den Gästen die Schönheit und die Geschichten „ihres“ Schlosses zu vermitteln. Stephan Hurst, der Leiter der Schlossverwaltung, hat daher Anregungen aus seinem Team aufgegriffen und sammelt jetzt Motive und Beobachtungen, die die Kolleginnen und Kollegen bei ihren täglichen Wegen durch die Säle, Kammern, Gänge und Treppenhäuser gemacht haben. Manche wie Natascha König und Claudine Iglesias Schmidt haben ihre Eindrücke auch fotografisch festgehalten: schöne Details, Blicke durch die Fenster, bewegte Putten, rätselhafte Masken. Und sie freuen sich alle darauf, nach dem Ende der Epidemie wieder ihr Schloss und seine Geschichten den Gästen zu präsentieren.

 

EDMUND BANHARDT UND SEIN DETAILWISSEN

Die spektakuläre Zahl der Fenster und Scheiben hat Edmund Banhardt erfasst. Banhardt, vielen Besucherinnen und Besuchern als Nachtwächter mit Laterne oder als Führer in der Unterwelt des Schlosses vertraut, hat sein ganzes Berufsleben mit dem Schloss zu tun gehabt: zuerst als Elektriker, dann als Schlossführer für besondere Aufgaben. Er hat vor einigen Jahren begonnen, Details zu zählen und zu erfassen. In sorgfältigen Listen hat er die Zahl der Fenster an den einzelnen Bauten des Schlosses notiert, von der Ahnengalerie bis zum versteckten Fischhaus.

 

SERVICE UND INFORMATION

Das Residenzschloss Ludwigsburg ist derzeit wegen der hohen Zahlen der corona-Pandemie wie alle Monumente der Staatlichen Schlösser und Gärten Baden-Württemberg und wie alle Kultureinrichtungen bis mindestens zum 20. Dezember geschlossen.
 

INFORMATIONEN
Residenzschloss Ludwigsburg

71634 Ludwigsburg

Telefon +49(0)71 41.18 64 00

info@schloss-ludwigsburg.de

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