GEFÖRDER VOM GRAFEN MONTFORT
Andreas Brugger stammte keineswegs aus einer Künstlerdynastie: Er war der Sohn eines Fuhrknechts und Weinbauern und begann seine Lehre vermutlich bei dem oberschwäbischen Maler Joseph Esperlin in Scheer. Graf Ernst von Montfort, der künstlerisch begabte Landeskinder großzügig unterstützte, schickte ihn 1755 zur Ausbildung nach Wien. In der dortigen Werkstatt des Malers Franz Anton Maulbertsch aus Langenargen sollte er seine „Kunst Beszer Practiciert machen“. 1764 zurück am Bodensee stellte Brugger sein Können eindrucksvoll unter Beweis. Er war so erfolgreich, dass er sich einige Jahre später einen Studienaufenthalt in Rom leisten konnte.
DAS VAGANTENKABINETT
Nach der Rückkehr aus Italien beschäftigte ihn Graf Franz Xaver von Montfort gleich mit mehreren Arbeiten im neuen Tettnanger Schloss. Andreas Bruggers Gemälde für das so genannte Vagantenkabinett sind heute eine Rarität. Zusammen mit dem Fürstenzimmer gehörte es zu den Appartements, in denen die wichtigen Gäste untergebracht wurden. In repräsentativen, ausdrucksstarken Bildern schildert der Maler im Kabinett Menschen aus dem Fahrenden Volk: Spielleute, Schausteller, Händler, Handwerker.
GUCKKASTENMANN UND MARKETENDERIN
Vagabunden, die ihre Heimat verloren hatten oder nie sesshaft waren, bevölkerten damals vor allem während der Jahrmärkte die Plätze und Straßen der Städte. Sie brachten besondere Spezialitäten mit – wie die Zitronenverkäuferin im Gemälde Bruggers – und unterhielten wie der Guckkastenmann mit kleinen Sensationen. Die Marketenderin gehörte in den Söldnerheeren zum Tross, der den Soldaten folgte. Ihr Dreispitz weist auf diesen militärischen Zusammenhang hin. Als selbstständige Händlerin kümmerte sie sich um alle Dinge des täglichen Lagerlebens. Ihr Leben außerhalb der sonst für Frauen geltenden Regeln verschaffte ihr oft einen zweifelhaften Ruf. Und auch Brugger lässt sie verführerisch das Glas erheben.
IDEAL DES EINFACHEN LEBENS
Die neun großen Gemälde, die Andreas Brugger um 1770 für das Tettnanger Vagantenkabinett geschaffen hat, sind idealisierte Darstellungen, keine Abbildungen der tatsächlichen Realität. Für die Hofgesellschaft waren die „Fahrenden Leute“ ein malerisches Gegenbild zur höfischen Etikette und vielleicht sogar ein Bild der Sehnsucht nach freierem Auftreten. Einige der Gemälde wirken fast wie Porträts; womöglich zeigen sie Damen und Herren der Hofgesellschaft, die sich verkleidet haben – ein beliebter Zeitvertreib im höfischen Alltag des 18. Jahrhunderts.
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