FIGURENPROGRAMM ERHALTEN
In den Jahren 1766 bis 1773 ließ Kurfürst Carl den Schlossgarten seiner Sommerresidenz Schwetzingen mit einem beeindruckenden Skulpturenprogramm ausstatten. Rund 86 Figuren aus Sandstein, Marmor oder Blei haben sich erhalten – mehr als die Hälfte von ihnen stammt vom Hofbildhauer Peter Anton von Verschaffelt. Der flämische Künstler hatte 1752 die Nachfolge des Bildhauers Paul Egell am kurpfälzischen Hof angetreten und schuf zahlreiche Werke für die Residenzstadt Mannheim und die Sommerresidenz Schwetzingen. Seine Schwetzinger Werke sind im Schlossgarten erhalten und können dort entdeckt werden.
WERKE FÜR DIE SOMMERRESIDENZ
Das umfangreichste Werk von Peter Anton von Verschaffelt findet sich in der kurfürstlichen Sommerresidenz. Die in den Archiven erhaltenen Verträge zwischen dem kurpfälzischen Oberbaudirektor Nicolas de Pigage und Peter Anton von Verschaffelt dokumentieren, welche Figuren und Dekorationselemente für den Schwetzinger Garten vorgesehen waren. Nach diesen Verträgen wurden folgende Arbeiten ausgeführt: für das Parterre vier Obelisken, für die große Allee die zwei Hirschgruppen und die vier Elemente, für den Apollohain zwei Najaden und Apollo selbst, vier Löwenstatuen, außerdem die Flussgötter Donau und Rhein, Neptun, Juno, Kybele und Vulkan am Spiegelbassin. Aus den Verträgen geht außerdem hervor, dass Verschaffelt acht einfache Steinvasen, 40 weitere Vasen aus bronziertem Ton, „vier Vasen, die Weltzeitalter symbolisierend“ und einen Wandbrunnen geliefert hatte. Bis auf vier Marmorbüsten in der südlichen Angloise und einige Bleivasen sind alle diese Figuren noch erhalten.
DIE HIRSCHGRUPPE
Die bekanntesten Skulpturen im Schlossgarten Schwetzingen sind die wasserspeienden Hirsche im Mittelparterre, die Peter Anton von Verschaffelt zwischen 1766 und 1769 schuf. Dargestellt sind Hirsche, die von Hunden niedergerungen werden: Hier wird das für eine Sommerresidenz bedeutsame Jagdthema aufgegriffen. Zu Carl Theodors Zeiten sei hier ein gewaltiger Hirsch erlegt worden, berichtete der badische Gartendirektor Johann Michael Zeyher zu Beginn des 19. Jahrhunderts: „… einst [ward] ein Hirsch von 10 Enden gejagt, das geängstigte Tier floh, rettete sich in den Garten und ward von den Hunden auf diesem Platz gefangen.“
DER APOLLOTEMPEL AM NATURTHEATER
Das Naturtheater im Westen des Schlossgartens, geschaffen von Nicolas de Pigage, gehört zu den wenigen erhaltenen barocken Gartentheatern überhaupt. Sechs Sphinxen von Peter Anton von Verschaffelt, entstanden 1773, bewachen den tiefer gelegenen Zuschauerraum. Darüber erhebt sich auf künstlichen Felsen der von Verschaffelt erbaute Rundtempel. Er ist Apollo, dem Gott des Lichts und der schönen Künste, geweiht. Im Inneren wacht noch heute der marmorne, lyraspielende Gott über das Geschehen im Naturtheater zu seinen Füßen. Der Apollotempel ist nur über ein verzweigtes Netz von unregelmäßigen Treppenstufen oder über die grottenähnlichen Gänge im Felsenunterbau zu erreichen. Gleichsam aus der Dunkelheit führt der Weg den Menschen ans Licht.
WEITERE WERKE
Außerhalb der Kurpfalz erhielt Peter Anton von Verschaffelt den Auftrag zur Umgestaltung des Chores von St. Baaf in Gent mit dem Grabmal des Bischofs Maximilian van der Noot. Für den Wiederaufbau des Doms zu Speyer reichte Verschaffelt Pläne ein, wobei nur sein Hochaltarprojekt realisiert wurde. Für die Stadt Brüssel schuf Verschaffelt 1775 eine vier Meter große kolossale Bronzestatue des österreichischen Statthalters Karl Alexander von Lothringen im Auftrag der Brabanter Stände. Als Architekt entwarf Verschaffelt 1774 in Oggersheim die Wallfahrtskirche für Kurfürstin Elisabeth Augusta, 1777 in Mannheim das Zeughaus und 1782 das Palais Bretzenheim für die unehelichen Kinder des Kurfürsten Carl Theodor mit der Tänzerin Josepha Seyffert.
PETER ANTON VON VERSCHAFFELT – BILDHAUER UND ARCHITEKT
Geboren am 8. Mai 1710 in Gent, wurde Peter Anton von Verschaffelt zunächst von seinem Großvater Pieter de Sutter ausgebildet. Ab 1731 studierte er an der Pariser Académie Royale de Peinture et de Sculpture. Zwischen 1737 und 1751 war er in Rom als selbstständiger Bildhauer tätig und führte viele Aufträge für Papst Benedikt XIV. aus. 1745 wurde er Mitglied der Academia di San Luca in Rom, einem der damals renommiertesten Institute für Kunst und Architektur. Ab 1751 arbeitete er in London für Frederick Lewis, Prince of Wales. 1752 wurde von Verschaffelt kurpfälzischer Hofbildhauer und lieferte zahlreiche Werke für die Schlösser und Gärten in Mannheim, Benrath und Schwetzingen, wo sich die meisten seiner Skulpturen befinden. Seine 1752 in Mannheim gegründete Zeichenschule erhob Kurfürst Carl Theodor 1769 zur Akademie der Malerei und Bildhauerei. Peter Anton von Verschaffelt wurde Direktor dieser Institution, der 1767 der kurfürstliche Antikensaal angegliedert wurde. Die außerordentliche Wertschätzung die Verschaffelt durch seine Zeitgenossen erfuhr, drückt sich nicht allein durch europaweite Aufträge aus. Als offizielle Anerkennung erhielt er 1777 den päpstlichen Christusorden verliehen und wurde außerdem 1779 in den erblichen Reichsadel erhoben mit der Titulatur: „Ritter Peter Anton von Verschaffelt, Kurpfalzbayerischer Direktor der Zeichnungsakademie zu Mannheim, erster Hofbildhauer, Ritter des päpstlichen Christusordens und Professor der Academie zu Rom“. Verschaffelt starb am 5. Juli 1793 in Mannheim
Information
Aktuell sind Schloss und Schlossgarten Schwetzingen wie alle Monumente der Staatlichen Schlösser und Gärten Baden-Württemberg ebenso wie alle Kultureinrichtungen geschlossen.