EIN HOFBILDHAUER AUS OBERBAYERN
Als neuntes von zwölf Kindern wurde Joachim Günther 1720 in Oberbayern geboren. Um 1735 begann er seine Bildhauerlehre. Zu dieser Zeit war sein älterer Bruder Matthäus schon ein weithin bekannter Maler, der in Augsburg lebte und mit vielen Stuckateuren und Bildhauern in Kontakt stand. Wahrscheinlich erhielt der jüngere Bruder Joachim daher seine künstlerische Ausbildung im Umkreis von Matthäus Günther. 1747 etablierte er seine eigene Bildhauerwerkstatt in der Nähe von Augsburg. Ab 1752 war er in Bruchsal tätig; ein Vertrag vom 11. Oktober dokumentiert das. Der Speyrer Fürstbischof Franz Christoph von Hutten schätzte seine Arbeit sehr und ernannte ihn nur drei Jahre später zu seinem Hofbildhauer in Bruchsal.
EIN KÜNSTLER DES SPÄTEN ROKOKO
Bereits 1749 hatte Joachim Günther Anna Maria Müller aus der Gegend von Augsburg geheiratet. Die Söhne aus dieser Ehe machten Karriere im Umfeld des fürstbischöflichen Hofes: Zwei wurden Geistliche, zwei schlugen die künstlersche Laufbahn ein. Joachim Günther war ein Bildhauer an der Schwelle vom späten Barock zum frühen Klassizismus. Er schuf etwa den plastischen Bauschmuck an den neuen Balkonbrüstungen und Säulenkapitellen des fürstbischöflichen Schlosses in Bruchsal. Eindrucksvoll sind seine großen Brunnen- und Gartenfiguren für den Schlossgarten aus den Jahren 1759-61. Im Schlossgarten befinden sich heute aus konservatorischen Gründen Abgüsse seiner beiden Skulpturen-Zyklen: Die „Vier Elemente“ und „Vier Jahreszeiten“. Die Originalskulpturen der „Jahreszeiten“ wurden Anfang des 20. Jahrhunderts an den Grafen Bismarck nach Lilienhof bei Ihringen verkauft. Sie gelangten später in die Vereinigten Staaten von Amerika und sind heute in Cambridge aufgestellt. Die „Vier Elemente“ haben sich dagegen im Original erhalten und sind heute im Gartensaal des Schlosses zu sehen. Sie sind schwungvolle graziöse Werke der Rokokozeit.
FRÜHKLASSIZISTISCHE RENOVIERUNG
Nach dem Tod des Fürstbischofs von Hutten erhielt 1770 Damian August von Limburg-Styrum (1721–1797) das Amt des Fürstbischofes. Auch wenn er die Ausgaben seines Vorgängers für übertrieben gehalten hatte, beauftragte er sechs Jahre nach seinem Amtsantritt Joachim Günther damit, den Kammermusiksaal auszuschmücken. Der Bildhauer, in Stuck ebenso versiert wie in Stein, versah die Wandfelder des Saales mit feinen Blattzöpfen, Rosetten und hängenden Girlanden – symmetrischen Ornamenten, mit denen man um 1760 in Frankreich den frühen Klassizismus eingeleitet hatte. Fein gearbeitete Reliefs von Musikinstrumenten weisen hin auf die Funktion des Raumes als Musikzimmer. Der Stuck im Kammermusiksaal lässt deutlich erkennen, wie Joachim Günther, ausgebildet im Rokoko, es geschafft hatte, sich in seiner späten Phase der aktuellen Stilentwicklung anzupassen. 1789, im Jahr der französischen Revolution, starb Joachim Günther in Bruchsal.
Schloss Bruchsal ist täglich außer montags von 10 bis 17 Uhr geöffnet. Beim Rundgang durch das Schloss sieht man im Gartensaal die schwungvollen Originalfiguren der vier Jahreszeiten aus dem Schlossgarten.
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