ERKENNTNISSE AUS DEM BOTANISCHEN GARTEN FÜR ALLE
„Der Botanische Garten Karlsruhe hatte im 19. Jahrhundert auch einen pädagogischen Auftrag und präsentierte den Bürgerinnen und Bürgern, wie exotische Früchte, Gewürze und Agrarprodukte wuchsen“, erklärt Michael Hörrmann, der Geschäftsführer der Staatlichen Schlösser und Gärten Baden-Württemberg. „Seit der Sanierung und Wiedereröffnung der Glashäuser des Botanischen Gartens haben wir das originale Konzept des 19. Jahrhunderts auch in der Bepflanzung wieder umgesetzt.“ Der historische Ansatz hat das Erscheinungsbild der Schauhäuser verändert – und der didaktische Ansatz aus der Erbauungszeit passt auch zu den heutigen Bedürfnissen. Denn auch heute weiß kaum jemand, wie Baumwolle, eines der wichtigsten landwirtschaftlichen Produkte, wächst.
BAUMWOLLE ALS KOSTBARE FASER
Bekannt ist die Baumwolle nicht wegen ihrer hübschen Blüten, sondern durch die weißen Samenfasern, die in ganzen Büscheln an den Pflanzen hängen. An diesen weißen Haaren haftet der Samen, der am natürlichen Standort so durch den Wind weitergetragen werden kann. Aus diesen Fasern wird unter anderem das Baumwollgarn produziert. Die Naturfaser ist eines der wichtigsten landwirtschaftlichen Produkte der Welt. Kultiviert wird sie seit Jahrtausenden – und wahrscheinlich gelang der Anbau in Amerika, in Asien und in Afrika unabhängig voneinander! Auch wenn der Name Baumwolle schon im 12. Jahrhundert in Deutschland nachgewiesen werden kann – bis in die Neuzeit waren Stoffe aus dieser Pflanzenfaser in Europa kostbares Importgut und selten und teuer wie Seide.
DREI ARTEN IM BOTANISCHEN GARTEN GEZOGEN
Die Gärtner im Botanischen Garten Karlsruhe können sich bei der Baumwolle auf eine lange Tradition berufen. Der Gartenführer aus dem Jahr 1825, der alle damals kultivierten Pflanzen aufzählt, kennt bereits drei verschiedene Arten von Baumwolle, die in den Gewächshäusern gezogen werden. Die Baumwolle wird als einjährige Pflanze kultiviert. „Man sät die Baumwolle im zeitigen Frühjahr aus – wir machen das im Glashaus, zuhause geht es auch auf dem Fensterbrett“, erläutert Thomas Huber, der Leiter des Botanischen Gartens. Im Spätsommer erscheinen die Blüten. „Wenn man die Baumwolle als Kübelpflanze zieht, sollte man einen vollsonnigen Standort suchen – ganz klar: die Pflanze kommt aus südlichen Gebieten“. Je größer die Baumwollpflanze wird, desto höher ist auch der Bedarf an Wasser. Im Winter stirbt die Pflanze mit der Reife der Samen dann langsam ab.
HISTORISCHE ANLAGE DES BOTANISCHER GARTENS
Die eindrucksvollen Glashäuser des Botanischen Gartens, vor deren Halbrund sich die große Wiese mit den Blausternen ausbreitet, stammen aus dem 19. Jahrhundert und wurden ursprünglich vom Architekten Heinrich Hübsch entworfen, von dem auch das Gebäude der Kunsthalle stammt. Die historischen Gewächshäuser aus Metall und Glas wurden über längere Zeit aufwendig saniert und erst im letzten Jahr wiedereröffnet. Seither orientieren sich Gestaltung und Pflanzenauswahl exakt an den historischen Vorlagen aus der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts.