Montag, 12. Juni 2017

Kloster Schussenried, Bad Schussenried | Allgemeines 300 JAHRE CHORGESTÜHL IN SCHUSSENRIED

1715 erhielt der Bildhauer Georg Anton Machein den Auftrag, ein neues Chorgestühl für die Klosterkirche St. Magnus in Schussenried herzustellen. Er schuf ein großartiges Ensemble, bestimmt von den warmen Tönen des Nussbaum- und Lindenholzes. Heiligenfiguren, vom frommen Geist bewegt, dekorative Fabelwesen und schwungvolle Blattranken machen das barocke Gestühl zu einem Glanzpunkt der ehemaligen Prämonstratenserabtei Schussenried. 1717 vollendet, wird das Werk dieses Jahr 300 Jahre alt.

Barockes Meisterwerk wird 300 Jahre alt: Chorgestühl in Kloster Schussenried

1715 erhielt der Bildhauer Georg Anton Machein den Auftrag, ein neues Chorgestühl für die Klosterkirche St. Magnus in Schussenried herzustellen. Er schuf ein großartiges Ensemble, bestimmt von den warmen Tönen des Nussbaum- und Lindenholzes. Heiligenfiguren, vom frommen Geist bewegt, dekorative Fabelwesen und schwungvolle Blattranken machen das barocke Gestühl zu einem Glanzpunkt der ehemaligen Prämonstratenserabtei Schussenried. 1717 vollendet, wird das Werk dieses Jahr 300 Jahre alt.

EIN MEISTERWERK BAROCKER SCHNITZKUNST
Das barocke Chorgestühl von St. Magnus gilt heute als das Hauptwerk des Bildhauers und Schnitzers Georg Anton Machein (1685-1739). 1715 kam er nach Schussenried, um mit seiner Werkstatt das neue Chorgestühl anzufertigen, nachdem er in der Prämonstratenserabtei Obermarchtal tätig gewesen war. Die Prämonstratenser in Süddeutschland standen in engem Kontakt und vermittelten einander häufig Künstler und Handwerker für anstehende Bauaufgaben. Im Schussenrieder Chorgestühl zeigt sich die ganze Meisterschaft des Holzbildhauers, der in souveräner Form sein Material beherrscht. Bei aller Detailfülle aus Figuren und dekorativen Elementen gelingt ihm eindrucksvoll die große Komposition des mächtigen Gestühls, das heute noch den Chorraum von St. Magnus einnimmt.

WAS IST EIN CHORGESTÜHL?
Der Chor war in jeder Klosterkirche der Bereich, zu dem nur die Mönche oder Nonnen Zutritt hatten. Hier trafen sie sich zum gemeinsamen Stundengebet. Das Chorgestühl diente ihnen während dieser Zeit als Sitzgelegenheit. Allzu gemütlich wurde es dabei nicht, denn während der Gesänge wurden die Sitzflächen nach oben geklappt, damit die Mönche, wie vorgeschrieben, stehend singen konnten. Das Chorgestühl verfügt meistens, wie in Schussenried, über zwei Sitzreihen, die sich an beiden Seiten des Chorraumes gegenüberstehen. Die hintere Reihe ist erhöht, die Rückenlehne der vorderen Reihe bildet ein Pult, um beispielsweise Bücher mit liturgischen Gesängen darauf ablegen zu können. Jeder einzelne Sitzplatz ist durch Trennwände, sogenannte Wangen, vom nächsten abgegrenzt.

FANTASIEVOLL UND REICH GESCHMÜCKT
Georg Anton Machein bedeckte das Chorgestühl mit reichem Schnitzwerk voller Details. Je länger man hinsieht, desto mehr gibt es zu entdecken: fein gearbeitete Reliefs aus hellerem Lindenholz schmücken die hohen Rückenlehnen. Sie zeigen Szenen aus dem Marienleben und dem Leben Christi. Dazwischen platzierte Machein Skulpturen von insgesamt vierundzwanzig männlichen und weiblichen Ordensgründern. Unter ihnen ist auch der heilige Norbert von Xanten zu finden, der Gründer des Prämonstratenserordens. Das Gestühl wird bekrönt von filigranen Pflanzenornamenten und weiteren Skulpturen: Heilige und Selige mit besonderer Bedeutung für die Prämonstratenser. Unterhalb dieser religiösen Darstellungen hat Machein seiner Fantasie freien Lauf gelassen. Die Trennwände zwischen den einzelnen Sitzplätzen überziehen Fabelwesen, Tiere, Pflanzen und Musikanten. So groß ist die Fantasie des Schnitzers, dass sich im riesigen Gestühl kaum ein Motiv wiederholt.

BAROCKE HÜLLE FÜR ALTE MAUERN
Das neue Chorgestühl war Teil einer umfassenden Neugestaltung der Klosterkirche im 18. Jahrhundert. Statt zu Beginn des 18. Jahrhunderts ein ganz neues Kirchengebäude zu errichten, entschieden sich die Mönche für eine barocke Umgestaltung der gotischen Klosterkirche: Bei genauem Hinsehen lassen sich im Kirchenraum noch die mittelalterlichen Formen unter dem Überzug aus Stuck und Farben erkennen. Damals entstand auch das Chorgestühl, das bis heute nahezu unverändert erhalten geblieben ist; lediglich der Standort wurde 1932 verändert. Der warme Holzton mag in der Kirche mit ihrer lichten und überschwänglichen barocken Farbigkeit überraschen. Aber er entspricht der Tradition, denn schon seit dem Mittelalter beließ man die Chorgestühle holzsichtig. Möglicherweise war diese zurückhaltende Gestaltung eines für Menschen bestimmten Ortes ein Ausdruck von Demut, während Farbenpracht und Goldverzierungen den Altären und dem geweihten Raum vorbehalten blieben. Am Schussenrieder Chorgestühl sorgt die Verwendung der zwei Holzarten, dunkles Walnussholz und hellbraune Linde, für einen harmonischen und reizvollen Farbklang.

STOLZE GESCHICHTE IN BAROCKEM SCHMUCK
Kloster Schussenried gehörte zum Orden der Prämonstratenser, der im 12. Jahrhundert in Frankreich gegründet worden war. Noch im gleichen Jahrhundert, 1183, stifteten zwei reiche Adlige aus Schussenried ihren Besitz dem aufstrebenden Orden und gründeten das Kloster. Die Prämonstratenser in Schussenried stiegen schnell zu großem Reichtum und Einfluss auf. Auf dem Höhepunkt seiner Macht unterstand das Kloster nur dem Kaiser; am Ende des 18. Jahrhunderts herrschte es über rund 3.200 Menschen. Mit der Säkularisierung 1803 wurde das Kloster aufgelöst, die Gebäude kamen wenig später in Staatsbesitz. Zwischendurch als Gießereibetrieb und psychiatrische Anstalt genutzt, ist es heute, betreut und präsentiert von den Staatlichen Schlösser und Gärten Baden-Württemberg, vor allem als Kunst- und Kulturzentrum bekannt. Barocke Kunstwerke wie die einstigen Klosterkirche mit dem reich verzierten Chorgestühl und der berühmte Bibliothekssaal machen das Kloster zu einem wichtigen Anziehungspunkt an der Oberschwäbischen Barockstraße.

SERVICE UND INFORMATION
ÖFFNUNGSZEITEN KLOSTER SCHUSSENRIED
1. April bis 1. November 2017
Di – Fr 10.00 – 13.00 Uhr und 14.00 – 17.00 Uhr
Sa, So und Feiertage 10.00 – 17.00 Uhr

KONTAKT
Kloster Schussenried
Neues Kloster 1
88427 Bad Schussenried
Telefon +49(0)75 83.92 69 - 140
info@kloster-schussenried.de

Download und Bilder

Chorgestühl in Kloster Schussenried

Bildnachweis

Staatliche Schlösser und Gärten Baden-Württemberg, Joachim Moll

Technische Daten

JPG, 2600x1950 Pxl, 4.37 MB