Exakt vor 500 Jahren: Martin Luther besucht am 27. April 1518 den kurfürstlichen Hof
Heidelberg zu Beginn des 16. Jahrhunderts: eine Stadt mit großer Strahlkraft. Die mächtige Residenz der Kurfürsten von der Pfalz befand sich hier – und eine blühende Universität. Und nicht nur hier wurde der Augustinermönch und Theologieprofessor Martin Luther empfangen: Auch die Residenz besuchte der Reformator. Von genau 500 Jahren, am 27. und am 29. April 1518, verbrachte Luther zwei Abende im Schloss – eingeladen von Pfalzgraf Wolfgang, dem jüngeren Bruder von Kurfürst Ludwig V. Martin Luther selbst berichtet davon in einem Brief. Aus Anlass dieses historischen Besuchs setzen die Staatlichen Schlösser und Gärten am 30. April eine besondere Führung aufs Programm, bei der man die kurpfälzische Residenz der Lutherzeit erleben kann: „‚Es fehlte nichts, was feiner Lebensart entspricht‘. Martin Luther als Schlossbesucher“.
AUFTRITT IN DER UNIVERSITÄT MIT FOLGEN
Luther war damals noch Augustinermönch und reiste zur Generalversammlung seines Ordens an. Ein halbes Jahr zuvor, am 31. Oktober 1517, hatte der aufsehenerregende Thesenanschlag in Wittenberg stattgefunden. Nun war Luther eingeladen, in Heidelberg seine 95 Thesen zu vertreten. Und Luthers Präsentation in der theologischen Fakultät am 26. April 1518 war wegweisend: Die Studenten, die ihm zuhörten, waren etwa Martin Bucer, Erhard Schnepf, Martin Frecht oder Johannes Brenz – durchweg Männer, die wenige Jahre später die Reformation in Süddeutschland prägen sollten. Luthers Besuch in Heidelberg veränderte die Geschichte.
EIN FREUNDSCHAFTLICHER BESUCH IM SCHLOSS
Am nächsten Abend, am 27. April, machte Martin Luther sich auf den Weg in das Schloss. Pfalzgraf Wolfgang (1494-1558), ein jüngerer Bruder Kurfürst Ludwigs V., hatte ihn freundschaftlich aufs Schloss zur Tafel eingeladen. Die beiden kannten sich von der Universität in Wittenberg, wo Martin Luther Theologieprofessor war und an der Wolfgang in den Jahren 1515 und 1516 studiert hatte. An seinen Freund, den Theologen Georg Spalatin, schrieb Luther in einem Brief vom 18. Mai 1518: „Ich habe eine vortreffliche Aufnahme beim erlauchtesten Pfalzgrafen Wolfgang … gefunden. Er lud mich … ein. Wir haben uns auf beiden Seiten an trauter angenehmer Wechselrede erfreut, dazu gegessen und getrunken, dann alle Kleinodien der fürstlichen Hofkapelle, darauf die Rüstkammer und endlich alle Schätze dieses wahrhaft königlichen und herrlichen Hofes besehen. … Kurz, es hat an nichts gefehlt, was feiner Lebensart entspricht.“
DIE RESIDENZ IM JAHR 1518 – EHRGEIZIGE BAUTEN
Was sah Martin Luther in der Residenz, das ihn so sehr beeindruckte? Im Jahr 1518 befand sich der seit 1508 regierende Kurfürst Ludwig V. mitten in seinem Bauprogramm: Der prachtvolle Bibliotheksbau auf der Westmauer der Anlage war gerade entstanden und der Frauenzimmerbau aufgestockt und ausgebaut – den nach ihm benannten Ludwigsbau auf der gegenüberliegenden Hofseite gab es noch nicht. Auch die imposanten Paläste der Renaissance, der Gläserne Saalbau, Ottheinrichsbau und Friedrichsbau, ebenso der Soldaten- und Ökonomiebau konnten Luther nicht beeindrucken – sie stammen alle aus Bauzeiten nach 1518. Die Hofkapelle, die Luther erwähnt, befand sich neben dem Frauenzimmerbau an der Stelle des heutigen Friedrichsbaus und war im 15. Jahrhundert in spätgotischem Baustil errichtet worden. Die „Schätze“ des Hofes waren im Bibliotheksbau zu bestaunen: Hier befanden sich die kurfürstliche Büchersammlung, das Archiv mit Urkunden und Akten, die Schatzkammer sowie die Münzstätte.
AUSBAU ZUR FESTUNG
Neben dem Repräsentationsbedürfnis bewog Kurfürst Ludwig V. das in kriegerischen Zeiten notwendige Sicherheitsdenken, seine Residenz umzugestalten. Gleich zu Beginn seiner Herrschaft hatte er die Heidelberger Burg zur Festung ausbauen lassen: Um die bestehenden Gebäude wurde ein ausgedehnter Verteidigungsgürtel gezogen, ein breiter Wall vorgelegt und mit einer hohen Mauerung verkleidet. Zur Neckarseite hin erhielt der Wall einen mächtigen Wehrturm, den Dicken Turm: Diesen sah der Gast, wenn er in der kurfürstlichen Tafelstube des Bibliotheksbaus saß! Zum Festungsausbau gehörte auch das Zeughaus, das Ludwig V. am Zugang von der Talseite erbauen ließ: die von Luther erwähnte „Rüstkammer“. Hier also war Martin Luther zu Gast – und sehr beeindruckt vom „wahrhaft königlichen und herrlichen Hof“. Die Führung „Martin Luther als Schlossbesucher“ am 30. April um 14.30 Uhr macht das Schloss der Lutherzeit wieder sichtbar.
SERVICE
SONDERFÜHRUNG
„Es fehlte nichts, was feiner Lebensart entspricht“. Martin Luther als Schlossbesucher
Referent: Heiner Grombein, Sebastian Klusak oder Reinhard Störzner
TERMIN
Montag, 30.04.2018, 14.30 Uhr
WEITERER TERMIN
Sonntag, 11. November 2018, 14:30 Uhr
PREIS
Erwachsene: € 6,00 zzgl. € 7,00 Schlossticket
Ermäßigte: € 3,00 zzgl. € 4,00 Schlossticket
DAUER
Eine Sonderführung dauert in der Regel 1,5 bis 2 Stunden
Eine telefonische Anmeldung ist erforderlich.
INFORMATIONEN UND ANMELDUNG
Schloss Heidelberg
Schlosshof 1
69117 Heidelberg
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