mercredi, 31. mars 2021

Monastère de Schöntal | Généralités Ostern und Pessach – Juden und Christen lebten zusammen in Schöntal

Ostern und Pessach – die beiden hohen Feste der Christen und der Juden – werden jedes Jahr fast parallel gefeiert. So muss es auch im Herrschaftsgebiet von Kloster Schöntal gewesen sein, wo über Jahrhunderte Juden lebten. Die Herren der Region – die Äbte von Kloster Schöntal und die Herren von Berlichingen – stritten um den Umgang mit der jüdischen Bevölkerung. Deutschlandweit wird in diesem Jahr an „1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland“ erinnert. Die Staatlichen Schlösser und Gärten Baden-Württemberg greifen das Thema auf und machen sich auf Spurensuche in den Monumenten.

ANLASS ZUR ERINNERUNG

Pessach und Ostern – die beiden hohen Feste der Juden und Christen finden etwa zur gleichen Zeit im Jahr statt. In diesem Jahr wird Pessach vom 27. März gefeiert, beginnend mit dem Sederabend, und bis zum 4. April. In der Pessachwoche gedenken die Juden der Befreiung der Israeliten aus der Sklaverei in Ägypten und dem Auszug aus dem Land der Pharaonen vor rund 3.000 Jahren. Im Herrschaftsgebiet von Kloster Schöntal lebten über viele Jahrhunderte Juden und Christen in unmittelbarer Nachbarschaft – und feierten parallel ihre Feste.

 

BERLICHINGEN – EIN GETEILTER ORT

Die Situation in Berlichingen wirft ein Schlaglicht auf die Situation der Juden im Hohenlohekreis. Der Ort gehörte je zur Hälfte dem Kloster Schöntal und den Herren von Berlichingen. Die Berlichingen waren reichsunmittelbare Ritter, ihr bis heute bekanntester Vertreter war Götz von Berlichingen (um 1480-1562). In Kloster Schöntal steht sein Grabmal; Goethe verankerte ihn mit seinem Schauspiel und dem berühmten Zitat im Gedächtnis aller. Die Herren von Berlichingen und die Herren des Klosters Schöntal führten um die Aufnahme der Juden im Ort vom 16. Jahrhundert bis um 1800 unzählige Gerichtsprozesse. Worum ging es?

 

POLITIK UND GELD

Die beiden Ortsherren von Berlichingen waren unterschiedlicher Meinung: Den Rittern ging es vor allem um das Schutzgeld. Neben einer einmaligen Aufnahmegebühr musste eine jüdische Familie jährlich eine hohe Steuer zahlen: Damit mussten sie sich den Schutz durch den Ortsherrn erkaufen. Die Äbte von Kloster Schöntal dachten hingegen vor allem konfessionell: Religiöse Minderheiten waren ihnen nicht erwünscht, das ganze Gebiet sollte katholisch bleiben. Dennoch erklärten sich die Äbte gelegentlich dazu bereit, Juden im Ort aufzunehmen – doch nur aus taktischen Gründen. Sie wollten mit den Herren von Berlichingen weiter im politischen Gespräch bleiben. Hätten sie sich komplett verweigert, so hätten die Äbte keinen Einfluss mehr auf die „Judenpolitik“ im Ort gehabt. Und natürlich stand ihnen – so ihre Auffassung – für die Toleranz ein Teil der Steuer zu. Die Berlichingen betrachteten die Juden aber nicht als gemeinsame „Schutzjuden“ – sie beanspruchten daher deren Schutzgelder allein für sich. Ohne Erfolg versuchte Kloster Schöntal, seine Position durchzusetzen.

 

FOLTER UND KLAGE

Um 1760 fasste Kloster Schöntal seine Auffassung über den Judenschutz in Berlichingen unter dem Titel „Facti Species“ zusammen. Das Dokument gibt einen düsteren Einblick in die Geschichte: Zu Beginn wird nämlich ein Fall geschildert, der zur Zeit des Dokuments schon zwei Jahrhunderte zurücklag: Dem Juden „Moyses“ wurde vorgeworfen, gegen 5 Gulden ein christliches Kind gekauft haben. Der Vater des Kindes, Wilhelm Ohrenberger, verklagte Moyses. Aber nicht wegen des Kaufs – sondern wegen Verleumdung! Wilhelm Ohrenberger verlangte einen amtlichen Widerruf dieser falschen Behauptung. Der christliche Vater habe sein Kind nicht verkauft. Für den Beklagten Moyses war der Vorwurf gleich mehrfaches Unrecht: Er hatte unter Folter ein falsches Bekenntnis abgelegt. 1562 klagte sein Sohn Josel am Reichskammergericht wegen Gefangensetzung, Folter und grundloser Beschuldigung. Das Verfahren wurde jedoch abgewiesen.

 

STREIT UM DIE MIETE

In der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts nahmen einige christliche Untertanen der Herren von Berlichingen jüdische Familien in ihre Häuser als Mieter auf. Kloster Schöntal protestierte. Die Christen sollten innerhalb von 14 Tagen die jüdischen Mieter zum Auszug nötigen. Andernfalls drohe den christlichen Vermietern eine Strafe von 10 Reichstalern. Die Herren von Berlichingen hielten dagegen und stellten sich hinter ihre Untertanen: Sie forderten das Kloster Schöntal auf, diesen widerrechtlichen und einseitigen Befehl sofort zu wiederrufen.

 

BERLICHINGEN UND KLOSTER SCHÖNTAL WERDEN WÜRTTEMBERGISCH

In der Säkularisation von 1803 wurden alle Klöster aufgehoben und enteignet und um diese Zeit verloren auch die Herren von Berlichingen ihre Hoheit als Territorialherren. 1806 kam das ganze Gebiet von Hohenlohe zum neuen Königreich Württemberg. Schrittweise wurden die rechtlichen und wirtschaftlichen Einschränkungen für Juden abgebaut. Die Juden wurden zu fast gleichberechtigten Untertanen des Königs.

 

SERVICE: 1700 JAHRE JÜDISCHES LEBEN IN DEUTSCHLAND

Im Jahr 2021 kann jüdisches Leben in Deutschland auf eine 1700-jährige Geschichte zurückblicken, die im Rahmen eines bundesweiten Themenjahres mit zahlreichen Veranstaltungen beleuchtet werden soll. Seit dem Jahr 321 leben Jüdinnen und Juden nachweislich auf dem Gebiet des heutigen Deutschlands: Ein Edikt des römischen Kaisers Konstantin erwähnt die Kölner Jüdische Gemeinde. Es gilt als ältester Beleg jüdischen Lebens in Europa nördlich der Alpen. Die baden-württembergische Landesregierung stellt die Vermittlung und die positive Akzentuierung von vielfältigem jüdischem Leben heute und der 1700-jährigen jüdischen Geschichte und Kultur auf dem Gebiet des heutigen Deutschlands ins Zentrum des Festjahres. Zugleich gilt es, dem wiederauflebenden Antisemitismus in Europa entgegenzuwirken. Die Staatlichen Schlösser und Gärten Baden-Württemberg machen sich auf eine Spurensuche in den Monumenten des Landes.

 

SERVICE

Kloster Schöntal ist derzeit wie alle Monumente, Kultur- und Freizeiteinrichtungen auf Grund der Bestimmungen der Corona-Verordnung des Landes Baden-Württemberg derzeit nicht geöffnet.

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